Wladimir Putin bei seiner vermutlich nicht letzten Rede als Präsident der Russischen Föderation.

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Am Ende von Putins Rede ertönte die russische Hymne.

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Auch klerikale Prominenz war anwesend.

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Moskau/Wien – Zweieinhalb Wochen vor der russischen Präsidentenwahl hat der aktuelle – und wohl auch künftige – Staatschef Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage der Nation im Moskauer Manesch-Veranstaltungszentrum weitreichende Zukunftsvisionen gezeichnet. Die kommenden Jahre seien entscheidend für die Entwicklung des Landes, sagte Putin vor mehr als 1.000 Vertretern aus Politik und Gesellschaft.

Es gehe darum, auf die Herausforderungen der technologischen Revolution zu reagieren. Dazu gehört laut Putin auch die Entwicklung neuer Atomwaffen.

Neue Atomwaffen und Seitenhiebe auf USA

Unter anderem sprach er von Unterwasserdrohnen, die nukleare Sprengköpfe tragen könnten. Ende des Jahres habe Russland zudem eine atomgetriebene Rakete getestet. Russland verfüge nun über Raketen, die kein anderes Land besitze.

"Es geht um neue strategische Raketensysteme Russlands, die wir entwickelt haben als Reaktion auf den einseitigen Ausstieg der USA aus dem Vertrag über Raketenabwehr und die De-facto-Stationierung solcher Systeme auf dem Gebiet der USA und außerhalb der US-Grenzen", erklärte Putin. Die Langstreckenrakete Sarmat etwa habe keine Reichweitenbeschränkung und wiege mehr als 200 Tonnen.

Demütiger Präsident

In seiner eineinhalbstündigen Rede vor blauem, mit der Silhouette Russlands versehenem Hintergrund griff der praktisch sichere Wahlsieger auch zum Stilmittel der Demut: "Wer auch immer zum Präsidenten gewählt wird, (...) wir alle müssen spüren und begreifen, was um uns herum geschieht."

"Müssen offen für die Welt sein"

Russland habe sich in den vergangenen Jahren als "demokratische Gesellschaft auf einem freien, eigenständigen Weg" präsentiert. "Um voranzukommen, müssen wir den Raum der Freiheit in allen Bereichen ausweiten." Die demokratischen Institutionen, die Zivilgesellschaft und die Gerichte müssten gestärkt werden. "Wir müssen ein Land sein, das offen ist für die Welt, für neue Ideen und Initiativen."

Die Ankündigung steht im Gegensatz zu Maßnahmen der vergangenen Jahre, die Freiheit und die demokratischen Grundrechte einschränken. Zum Beispiel hat die Regierung ihre Kontrolle über das Internet ausgebaut und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen erschwert, die Geld aus dem Ausland erhalten.

Neue Sozialprogramme

Putin kündigte außerdem umfassende neue Sozialprogramme an. Derzeit seien 20 Millionen Menschen im Land arm, diese Zahl müsse in der nächsten sechsjährigen Amtszeit halbiert werden. Messlatte der Politik müsse das Wohlergehen der Bürger sein. "Da müssen wir in den nächsten Jahren einen Durchbruch erzielen", nur so könne Russland dem Bevölkerungsrückgang begegnen.

Für Familien und Kinderbetreuung sollten 40 Prozent mehr ausgegeben werden als in den vergangenen Jahren. Vom Jahr 2020 an soll jährlich neuer Wohnraum für fünf Millionen Familien geschaffen werden. Pensionen und Gehälter sollen regelmäßig über die Inflation hinaus erhöht werden.

Russland will unter fünf größte Volkswirtschaften

Putin kündigte auch Investitionen in Stadt- und Regionalentwicklung und Straßenbau an. Bis Mitte des nächsten Jahrzehnts wolle Russland unter die fünf größten Volkswirtschaften aufrücken. Dafür müsse das Pro-Kopf-Einkommen um die Hälfte steigen. Die Investitionen in den Straßenbau müssten zumindest verdoppelt werden, und auch für Häfen und Flughäfen müsse es mehr Geld geben. Geldpolitisch gebe es Spielraum für Zinssenkungen. Er hoffe, dass die Notenbank mit der neuen Regierung zusammenarbeite, um das Wachstum zu unterstützen.

Die Russen sind am 18. März zur Präsidentenwahl aufgerufen. Es wird erwartet, dass Putin erneut gewählt wird. Er war seit 2000 entweder Präsident oder Ministerpräsident. (red, APA, 1.3.2018)