Wohnen auf 6,4 Quadratmetern: Bisher ist das in einem Prototyp aus Holz möglich.

Foto: Philipp Obkircher

Bald vielleicht auch in einem Co Being House.

Bild: SA Tinyhouse University

"Wir haben nicht zu wenig Wohnraum, sondern zu wenig Fantasie", sagt Van Bo Le-Mentzel. Der Berliner Architekt mit laotischen Wurzeln stellte sein Konzept für eine nur 6,4 Quadratmeter große Wohnung kürzlich bei der Fachveranstaltung Immobilienforum in Wien vor. Auf 100 Euro Miete soll diese Kleinstwohnung pro Monat inklusive Nebenkosten kommen. Möglich soll das im vom Architekten erdachten "Co Being House" sein, in dem die Kleinstwohnungen untergebracht sind.

"Man muss an den Quadratmetern schrauben", erklärte Le-Mentzel dem angesichts solcher Mietpreise ungläubig mit dem Kopf schüttelnden Publikum. Aktuell gibt es von der 6,4-Quadratmeter-Wohnung jedoch erst einen aus Holz gefertigten Prototyp auf Rädern, der zum Probewohnen einlädt.

Die Wohnung ist zwar winzig, aber trotzdem mit Küche und Bad ausgestattet. Ihre Raumhöhe liegt bei luftigen 3,60 Metern. Auf dem Dach des Badezimmers, das weniger als einen Quadratmeter groß ist, ist Platz zum Arbeiten oder Schlafen. Es gibt sogar ein ausziehbares Sofa für Gäste. Eine gewisse Großzügig-keit vermitteln große Spiegel und Fenster im Wohnbereich.

Keine Flure

Auch außerhalb der Wohnungen selbst wird in den Co Being Houses Platz gespart. "Der Trick ist: Wir schaffen Flure ab", sagt Le-Mentzel. "Sie können also jeden Quadratmeter vermieten."

Juristisch betrachtet sind die Kleinstwohnungen nicht ganz unproblematisch: Laut Wiener Bauordnung muss eine Wohnung mindestens 30 Quadratmeter aufweisen. Le-Mentzel löst das so: "Eine ganze Etage zählt als eine Wohnung." Die Kleinstwohnungen bezeichnet er als Stuben.

Wichtig ist der Gemeinschaftsbereich, um den die Kleinstwohnungen angeordnet sind – und der unterschiedlich genutzt werden kann. Denkbar wäre laut Le-Mentzel etwa, in Anlehnung an Studenten-WGs, ein Raum mit einer gemeinsam nutzbaren Waschmaschine. Auch ein Coworking-Space, eine Bibliothek oder eine Galerie seien möglich. "Das ist ein Raum, der viel möglich machen sollte", so Le-Mentzel.

Steigende Immobilienpreise

Klar ist: Die stetig schrumpfenden Wohnungen werden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Denn sie sind Resultat der steigenden Immobilienpreise in den Ballungsräumen. Aber anstatt etwas gegen die davongaloppierenden Preise zu unternehmen, würde den Menschen einfach die Wohnfläche abgezwackt, meinen Kritiker.

Besonders extrem ist die Situation in Städten wie Hongkong, wo Menschen in sogenannten "Mosquito Apartments" leben – weil sie angeblich gerade groß genug für eine Stechmücke sind. Le-Mentzel sieht das Problem in Städten aber auch darin, dass durch die Preise viele Menschen vom Wohnen im Zentrum ferngehalten werden – und sieht seine Co Being Houses als Lösung.

Er beobachtet aktuell aber auch eine Veränderung des Wohnverständnisses in der Mittelschicht: "Ich glaube, da gibt es bei vielen ein Umdenken, ob es denn wirklich so schick ist, so groß und dekadent zu wohnen. Manche brüsten sich bereits damit, dass sie ganz wenig haben", so Le-Mentzel im Gespräch mit dem STANDARD.

Er wünscht sich, dass in seine Häuser nicht nur Menschen, die nur wenig Platz brauchen oder bezahlen können, einziehen. "Wir wollen nicht nur Menschen, die arm sind, sondern auch Reiche." Das Co Being House sei kein Flüchtlingsheim, kein soziales Wohnprojekt, sondern ein "Typenhaus", so der Architekt, "das in allen Märkten funktionieren könnte".

In den Startlöchern

Wobei vielen die 6,4 Quadratmeter dennoch zu eng werden dürften. Der Entwurf sieht daher auch unkomplizierte Wohnungszusammenlegungen vor – die größeren Einheiten seien dann ab 250 bis 300 Euro zu haben, rechnet er vor. "Und das ist immer noch revolutionär wenig."

Um das Co Being House tatsächlich zur Realität werden zu lassen, sei man nun auf jemanden mit einem passenden Grundstück angewiesen. "Das Konzept rechnet sich nur, wenn man das Grundstück nicht erwerben muss", so Le-Mentzel. Derzeit befinde man sich in Basel in Gesprächen. "Und ich hoffe auch auf Wien. Wir stehen jedenfalls in den Startlöchern."

Beim Immobilienforum händigte Le-Mentzel daher auch gleich seine Handynummer an alle Anwesenden aus. "Ich rufe Sie an", versprach eine Teilnehmerin beim Hinausgehen. (Franziska Zoidl, 3.3.2018)