Nachdem ich mein Altertumskundestudium abgebrochen habe, suchte ich einen Vollzeitjob. Also fing ich in einer Bäckereikette an, wo ich bald zur Filialleiterin aufgestiegen bin. Doch das war nichts für mich: Zu viel zu tun, zu viel Verantwortung für viel zu wenig Geld. Bald wollte ich nicht mehr die Verantwortliche, sondern einfach eine normale Mitarbeiterin sein.

Mein Partner arbeitet seit langem bei Ikea und brachte mich auf die Idee, mich dort für einen Job zu bewerben. Seine Erzählungen über das gute Arbeitsklima haben mich überzeugt. Seit mittlerweile eineinhalb Jahren bin ich Vollzeit in der Küchenabteilung tätig, plane Küchen für Kunden und genieße das kollegiale Umfeld und die flachen Hierarchien in der Firma.

Auch ich profitiere

Diese Woche hatten wir am Montag eine Betriebsversammlung, bei der wir erfahren haben, dass Ikea ab März einen Mindestlohn von 1800 Euro brutto für jeden Mitarbeiter einführt, und zwar rückwirkend bis Jänner 2018. Diejenigen, die bisher ohnehin schon mehr verdient haben, behalten ihr Gehalt, aber jene, die derzeit nach dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt bezahlt wurden, erhalten mehr.

Auch ich profitiere davon. Bisher habe ich im Monat rund 1250 Euro netto verdient, jetzt bekomme ich circa 1370 Euro. Das sind zwar nur 120 Euro mehr, was daran liegt, dass ich in die nächsthöhere Steuerklasse eingestuft wurde. Das ist nicht wie ein Lottogewinn, sondern ein kleines Taschengeld, das ich sehr schätze und wofür ich dankbar bin. Ich habe mir vorgenommen, das Geld für unseren nächsten großen Urlaub auf die Seite zu legen.

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Das kollegiale Umfeld und die flachen Hierarchien waren entscheidend, dass sie Vollzeit bei Ikea arbeitet, sagt eine Verkäuferin der Küchenabteilung. Ums Geld ging es ihr nie, die Gehaltserhöhung sieht sie als Taschengeld. (Sujetfoto)
Foto: AP / Uwe Lein

Für mich bringt das Mindestgehalt nicht so große Veränderungen wie beispielsweise für meine Kollegen im Ikea-Restaurant, die Gastronomie-Kollektivverträge haben und deutlich weniger verdienen. Bei der Betriebsversammlung waren alle sehr überrascht, wir hatten das ja nicht erwartet, und zugleich auch erleichtert. Wenn man Kinder hat oder einen Kredit abbezahlen muss, dann ist diese Erhöhung eine große Hilfe. Und sie hat, denke ich, auch andere positive Auswirkungen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Mindestgehalt Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter hat. Dass sie jetzt vielleicht lieber zur Arbeit gehen oder im Unternehmen bleiben, weil sie sich wertgeschätzt fühlen.

Meine Erfahrungen aus der Gastronomie sind nämlich, dass viele den Job nur ein halbes Jahr machen, weil es einfach zu anstrengend ist und kaum was dabei rausspringt. Dem könnte diese Neuerung entgegenwirken. Und es könnte für andere Einrichtungshäuser ein Anreiz sein, nachzuziehen und die Gehälter zu erhöhen, denn diese sind im Handel ja bekanntlich sehr niedrig.

Einen Nachteil sehe ich darin nicht. In den sozialen Medien wurde das nicht nur positiv aufgenommen, weil viele sagen, dass man sich damit nicht extra rühmen muss und es auch andere Unternehmen gibt, die über Kollektivvertrag bezahlen. Aber mein Arbeitgeber hätte sich auch nicht dafür entscheiden müssen.

Keine großen Ausgaben

Meine Motivation hat sich dadurch nicht verändert, denn mir geht es grundsätzlich beim Arbeiten weniger ums Geld. Ansonsten hätte ich wahrscheinlich mein Studium abgeschlossen und einen anderen Job. Mit dem Gehalt bin ich bisher immer gut ausgekommen. Das liegt aber auch daran, dass ich mit meinem Freund zusammenwohne und wir alle Ausgaben teilen. Und wir haben weder Kinder noch große monatliche Ausgaben.

Für unsere neue Wohnung am Wiener Stadtrand beträgt mein Anteil an der Miete inklusive der Betriebskosten 360 Euro im Monat. Für Internet und Fernsehen zahle ich 24 Euro. Weil ich einen sehr alten Handyvertrag habe, beläuft sich meine monatliche Grundgebühr auf zehn Euro. Dazu kommen noch rund 80 Euro für Versicherungen.

Circa 125 Euro geben wir pro Kopf für Lebensmittel aus. Wenn ich zu Mittag in der Firma bin, esse ich dort in der Kantine, manchmal gehen wir auswärts essen oder am Abend was trinken, also kommen da noch circa 110 Euro dazu. Ebenfalls rund 100 Euro gebe ich im Monat für Zigaretten aus. Und auch unsere Katzen müssen gefüttert und gepflegt werden, was pro Kopf etwa 100 Euro monatlich ausmacht.

Überblick über die Einnahmen und Ausgaben.
Foto: Der Standard

Für Kleidung und Körperpflege gebe ich rund 50 Euro aus. Wobei ich sagen muss: Wenn man in einem Shoppingcenter arbeitet, hat man eigentlich gar keine Lust mehr, seine Freizeit in Geschäften zu verbringen.

Obwohl mein Freund ein Auto hat, fahre ich meistens öffentlich zur Arbeit, auch wenn ich dann eine halbe Stunde länger brauche. Ich sehe in der Stadt keine Notwendigkeit für ein Auto. Ich zahle auch nichts zu den anfallenden Kosten dazu, sondern meine Verkehrskosten belaufen sich monatlich auf 30 Euro für die Jahreskarte der Wiener Linien.

200 Euro auf die Seite

Für meine Hobbys gebe ich kein Geld aus, Mitglied in einem Fitnesscenter bin ich auch nicht. Wir haben Wald und Wiesen vor der Haustür, da gehe ich lieber spazieren.

Ich gebe grundsätzlich nicht so viel Geld aus, ab und zu gönne ich mir natürlich schon was. Seit ich arbeite, lege ich mir monatlich mindestens 200 Euro auf die Seite. Ich steige also nie mit null Euro von meinem Gehalt aus. Wenn wir Kinder hätten, sähe das sicher anders aus, aber derzeit leben wir sehr komfortabel.

Falls ich kurzfristig eine größere Ausgabe habe, wenn beispielsweise die Waschmaschine oder der Fernseher kaputtgehen sollten, kann ich das locker bezahlen, ohne dass ich meine Mutter bitten muss, dass sie mir 400 Euro leiht. Das ist sehr wichtig für mich: Ich will selbstständig sein und niemanden wegen Geld anbetteln müssen." (Gesprächsprotokoll: Selina Thaler, 3.3.2018)