Wien – Die Clearingstelle gegen sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch hat ihre Arbeit aufgenommen. Sowohl Frauen als auch Männer, die von unerwünschtem Verhalten betroffen sind, können sich direkt an die Psychotherapeutin und Machtexpertin Christine Bauer-Jelinek wenden. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) betonte, dass es sich vor allem um eine Präventions- und Beratungsstelle handle.

Sowohl Sobotka als auch Bauer-Jelinek strichen in dem gemeinsamen Pressegespräch hervor, dass es sich um ein "niederschwelliges Angebot" handle. Parlamentarier sowie Mitarbeiter des Parlaments und der Klubs können sich an Bauer-Jelinek wenden, noch bevor strafrechtlich relevante Aktionen gesetzt wurden. Es gehe vor allem um Prävention, der Erfolg werde an einem respektvollen Umgang, einem guten Betriebsklima und dass es gar nicht erst zu strafrechtlichen Aktionen kommt, gemessen, meinte Sobotka.

Bauer-Jelinek: "Nicht nur Frauen Opfer und Männer Täter"

Frauen und Männer können sich in Fällen von Machtmissbrauch sowie jeder Form von sexualisiertem und nichtsexualisiertem Fehlverhalten an die Clearingstelle wenden. Bauer-Jelinek betonte, dass nicht immer nur die Frauen die Opfer und die Männer die Täter seien. Es könnten sich auch Männer an sie wenden, die in ihren Handlungen verunsichert seien. Es könnten auch Personen Rat suchen, die sich selbst falsch verhalten haben, die ein Fehlverhalten vermuten oder denen ein solches vorgeworfen wird, und die nun klären wollen, wie sie damit umgehen sollen.

Bauer-Jelinek verwies auch darauf, dass sexuelle Belästigung nicht immer mit Erniedrigung einhergehen müsse. Außerdem gebe es nicht nur sexuellen Machtmissbrauch. Man müsse sich auch um Demütigungen, Abwertungen oder öffentliches Bloßstellen kümmern. Wie viele Fälle auf sie zukommen werden, konnte Bauer-Jelinek nicht einschätzen, darauf sei sie selbst schon "sehr neugierig". Sobotka hat nicht das Gefühl, dass es diesbezüglich ein großes Problem im Parlament gebe, er schließt aber nicht aus, dass in manchen Klubs das Klima schlechter sei.

Niederschwellige Beratung, keine Notrufstelle

Betroffene können sich laut Bauer-Jelinek telefonisch, per E-Mail oder persönlich an sie wenden, erläuterte Bauer-Jelinek. Dabei gehe es vor allem um niederschwellige Beratung. Es handle sich um keine Notrufstelle, in akuten Fällen würde sie den Kontakt etwa zum psychosozialen Notdienst, zur Gleichbehandlungsbeauftragen oder zu Mobbingstellen herstellen. Die Stelle ist außerhalb des Parlaments angesiedelt und behandelt die Fälle absolut vertraulich. Bauer-Jelinek hat einen Rahmenvertrag mit dem Parlament und bekommt für jeden Einzelfall einen Kostenersatz. Im September soll die Clearingstelle dann in Vollbetrieb gehen. (APA, 2.3.2018)