Sandra Cervik und Raphael von Bargen auf einer Reise in die Tiefe der Nacht: "All about Eve".

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Wien – Mit 14 Nominierungen ging Joseph L. Mankiewicz' All about Eve bei der Oscarverleihung anno 1951 als Favorit ins Rennen und konnte schließlich sechs Preise einheimsen. Der brutale Konkurrenzkampf zweier Hollywoodschauspielerinnen hatte damals auch die selbstkritische Ader der Traumfabrik angetastet. Wer hat Macht über wen – und wie schamlos wird diese ausgenützt? Themen, die heute, 66 Jahre später, die #MeToo-Debatte ins Rollen gebracht haben.

Konserviertes Bild

Eine Neufassung von All about Eve könnte also eine interessante Sache sein. Der selbst oscarprämierte Drehbuchautor Christopher Hampton (Gefährliche Liebschaften 1989) weist in seiner für die Kammerspiele des Theaters in der Josefstadt verfassten Neudichtung (Übersetzung: Daniel Kehlmann) allerdings ganz zurück in die vergangene Zeit und umreißt ein konserviertes Bild der Unterhaltungsindustrie.

Ein heillos selbstverliebter Theaterkritiker (Joseph Lorenz) rekapituliert, wie es das skrupellose Girlie Eve Harrington (Martina Ebm) auf hinterhältige Weise schafft, die Schauspieldiva Margo Channing (Sandra Cervik) vom Sockel zu stoßen und sich selbst als ihre Nachfolgerin zu positionieren. Ein Regisseur (Raphael von Bargen), ein Dramatiker (Alexander Pschill), ein Produzent (Fritz Egger) und der Theaterkritiker sehen dabei zu, wie sich die beiden Frauen zerfleischen.

Herbert Föttingers Inszenierung befriedigt dank imposanter Pelzkreationen aus den Werkstätten der Josefstadt (Kostüme: Birgit Hutter) Hollywoodfantasien. In einem dieser edlen haarigen Teile (Opossum?) muss sich das Starlet am Ende dem Großkritiker gar zu Füßen werfen. Er kennt ihre wahre Geschichte und droht an, sie damit unter Druck zu setzen. Diese überstrapazierte Geste passt gut ins Schema dieses märchenhaften Plots, der von stereotypen Geschöpfen bewohnt wird: flennende wie hintertriebene Frauen und souverän-sachliche Männer. Wann wird einmal jemand den Spieß umdrehen?!

Eingesprungener Regisseur

Dass die Josefstadt-Produktion ein probentechnischer Unfall war, sieht man dem Endprodukt nicht zwingend an. Hampton musste seine Regie zur Halbzeit aus gesundheitlichen Grünen zurückziehen, Hausherr und Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger sprang kurzfristig ein. Zwar wirkt die Bühne eher wie für Stellproben arrangiert: Statisten tragen in schattigem Licht schauplatzverwandtes Dekor herein und hinaus (Schminktisch, Baum, Bar etc.), doch das Ensemble agiert zügig und mit Verve: Ebm mutiert vom Mäuschen zum Paradiesvogel, Cervik lotet die Stadien ihrer Kränkungen tief aus. Herzlicher Applaus für alle Beteiligten. (Margarete Affenzeller, 2.3.2018)