Eine private Raucherpetition aus dem Jahr 2015 sollen rund 500.000 Menschen unterzeichnet haben, sagt der Initiator und Gastronom Heinz Pollischansky. Belegen kann er das nicht. Die Unterschriften sind im alten Keller der ÖVP Wien verschwunden, den der Wirt inzwischen selbst mietet.

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Wien – Als die Wiener ÖVP im Herbst 2016 in die Bundespartei zog, weil der alte Standort zu teuer wurde, übergab sie den Keller "leer und besenrein", wie sich der Nachmieter der Räumlichkeiten erinnert. Zehntausende Zettel mit Unterschriften für eine private Raucherpetition, die dort zuvor angeblich gelagert waren: verschwunden. Wie berichtet, hatte der damalige ÖVP-Landesgeschäftsführer Alfred Hoch die Dokumente im Jahr 2015 ins Untergeschoß gebracht, um sich später damit zu befassen, wie er sagt, doch dann kam ihm seine Ablöse dazwischen. Heute will in der ÖVP Wien niemand etwas von Kartons mit Unterschriften wissen. Wo sind sie also hin?

Wie der STANDARD nun erfahren hat, wurde die Privatpetition wohl entsorgt: "Die haben die Zettel beim Umzug weggeschmissen", sagt ein ÖVP-Funktionär, der nicht namentlich genannt werden will. "Das Rauchverbot war damals unter Dach und Fach. Keiner hätte gedacht, dass man diese Unterschriften noch einmal brauchen könnte."

Für Strache ist Petition Beleg

Relevant wären die Papiere heute vor allem deshalb, weil FPÖ-Politiker die drei Jahre alte Unterschriftenaktion regelmäßig als Beleg dafür anführen, dass die Bevölkerung beim Thema Rauchen gespalten sei. Sogar Vizekanzler Heinz-Christian Strache zitiert sie immer wieder. Der Gastronom Heinz Pollischansky, Initiator der Privatpetition, behauptet, es gebe annähernd 500.000 Unterzeichner – offiziell nachgeprüft wurde das nie. Auch der Ex-ÖVP-Funktionär Hoch – selbst Rauchverbotsgegner -, dem Pollischansky die Dokumente übergeben hatte, zählte nie nach. Das aktuelle Nichtrauchervolksbegehen hält derzeit bei etwas mehr als 460.000 Unterstützern.

Etwa zur selben Zeit, als Pollischansky gemeinsam mit anderen Wirten und Trafikanten Unterschriften sammelte, starteten die Freiheitlichen eine amtliche Petition mit dem Titel "Nein zum absoluten Rauchverbot", um gegen die Nichtraucherschutzpläne der damaligen rot-schwarzen Regierung mobil zu machen. In etwas mehr als vier Monaten bekamen die Blauen 643 Unterschriften zusammen, geht aus der parlamentarischen Dokumentation hervor.

"Bei 480.000 aufgehört zu zählen"

Pollischansky trat mit seiner Liste "Wir Wollen Wahlfreiheit" (WWW), deren Hauptanliegen das Rauchen in der Gastronomie war, auch bei der Wien-Wahl 2015 an. Damals bekam er 1709 Stimmen – also 0,21 Prozent. Der Gastronom bleibt dennoch dabei, dass sich an seine Unterschriftenaktion fast eine halbe Million Menschen beteiligt hatten: "Bei 480.000 haben meine Sekretärin und ich aufgehört zu zählen, dann kamen aber noch welche dazu", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Er hätte die Zettel nun selbst gerne zurück und habe auch bei der ÖVP Wien angefragt, aber noch keine Rückmeldung erhalten.

Eigentlich hatte Pollischansky die Initiative an den damaligen ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner adressiert. Als Rauchverbote in Lokalen und Wirtshäusern immer lauter gefordert wurden, wollte er aufzeigen, wie viele Menschen hinter den Gastronomen stehen und rauchen wollen. Mitterlehner habe Pollischansky die Petition aber nicht abgenommen und ihn lediglich an die ÖVP Wien verwiesen.

Wirt übernahm ÖVP-Keller

Eines weiß der Gastronom gewiss: Der alte Keller der ÖVP Wien war und ist bis heute leer, sagt er. Nachmieter der Räumlichkeiten ist nämlich Pollischansky selbst. Die Landespartei hatte ihre Zentrale in der Lichtenfelsgasse an der Ecke zum Rathausplatz, dort befand sich auch die hauseigene Weinbar "Wieno". Pollischansky hat diese übernommen, durchgebrochen und vergrößert. Auch das Weinsortiment, das ausschließlich Wiener Weine umfasste, baute er aus – zum Ungemach einiger schwarzer Stammgäste, wie Berichten von Lokalmedien aus der Zeit zu entnehmen ist.

Pollischansky beteuert, dass er niemanden habe ärgern wollen: "Der Vormieter hat die Räumlichkeiten der Hausverwaltung zurückgegeben, von der habe ich sie übernommen. Mit der ÖVP hatte das wenig zu tun." (Katharina Mittelstaedt, 3.3.2018)