Die Regierung macht es den Kritikern leicht. Unausgegorene Vorhaben wie die geplante Abschaffung der Notstandshilfe, peinliche Querelen rund um die Raucherregelung in Lokalen, unangebrachte Angriffe auf ORF-Journalisten – die Liste ließe sich fast schon beliebig lange fortsetzen. Gekrönt werden die Missstände von den Verbindungen der FPÖ zu rechtsextremen Kreisen und der konzentrierten Form eigener Rülpser.

Gut dass Opposition, Intellektuelle, NGOs und Medien bedenkliche Tendenzen aufzeigen. Keinen Gefallen tun Kritiker sich und der Sache jedoch mit reflexartigem Bashing von allem und jedem, was von Regierungsseite initiiert oder kommentiert wird.

Um nur zwei Beispiele zu nennen, die in dieser Woche für besondere Erregung gesorgt haben: Kürzungen im Budget des Arbeitsmarktservice (AMS) und der neue Familienbonus. Beim AMS überraschte vor allem die Wortwahl: "Kahlschlag", schimpften Wiener SPÖ-Vertreter, "Repressalienpolitik gegen Arbeitnehmer und Arbeitslose" warf der scheidende ÖGB-Präsident der Regierung vor. Dabei zeigt ein Blick auf das noch in Ausarbeitung befindliche AMS-Budget, dass die Kürzungen großteils mit den schon bekannten Einschränkungen bei der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose zusammenhängen. Die weiteren Einsparungen sind ganz gut mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit und damit einem rückläufigen Betreuungsaufwand des AMS erklärbar. Hier kann man sehr gut argumentieren, dass Qualifizierung auch in der Phase der Arbeitsmarkterholung wichtig und finanziell entsprechend auszustatten ist. Doch ein Kahlschlag ist eben doch etwas anderes.

Auch Einwände gegen den geplanten Familienbonus sind berechtigt. Dass man künftig für jedes Kind einen steuerlichen Abzug von 1500 Euro erhält, während bei der derzeitigen Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten der Vorteil mit steigendem Einkommen wächst, sollte aber nicht vergessen werden. Mehr Förderungen für Kinder von Geringverdienern sind argumentierbar. Mehr Geld wird aber auch hier ausgegeben, weshalb das Armutsrisiko klarerweise sinkt und nicht steigt, wie derzeit artikuliert wird.

Die aktuelle Empörungswelle bei jedem Schritt der Regierung schadet der Glaubwürdigkeit der Kritiker. Eine sachlichere Befassung mit den Themen ohne Verbalexzesse würde zudem die Gefahr reduzieren, dass berechtigte Warnungen ungehört verpuffen. (Andreas Schnauder, 2.3.2018)