Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte Österreich

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Eine aktuelle Bestandsaufnahme des Frauenanteils in den 38 ATX-Prime-Market-Unternehmen zeichnet ein wenig erfreuliches Bild: Von 135 Vorstandspositionen werden nur sieben von Frauen bekleidet. Das bedeutet eine Frauenquote von fünf Prozent. Auch in den Aufsichtsräten dieser Unternehmen ist man vom Erfüllen der gesetzlichen Quote von 30 Prozent noch ein gutes Stück entfernt. Diese sind nur zu 19 Prozent weiblich besetzt.

Dabei mangelt es aber laut einer Analyse von Deloitte nicht an qualifizierten Bewerberinnen. Das Beratungsunternehmen wird seit vielen Jahren mit der Besetzung von Führungskräften in heimischen Unternehmen betraut. Nun wurden umfassende Daten aus den letzten drei Jahren Recruiting analysiert. Insgesamt wurden 10.000 Bewerbungen für Führungspositionen in allen relevanten Branchen ausgewertet. Im untersuchten Zeitraum hat man rund 200 solche Stellen nach einem strukturierten Prozess besetzt.

Zunehmend Bewerberinnen für Führungspositionen

Bei Bewerbungen für Führungspositionen auf allen Ebenen lässt sich 2017 insgesamt ein Plus verzeichnen. 30 Prozent der eingegangenen Bewerbungen stammen von Frauen. 2015 lag der Anteil noch bei 22 Prozent.

Vor allem auf Vorstandsebene haben Bewerberinnen in den letzten drei Jahren deutlich aufgeholt. "Unsere Auswertung lässt einen Positivtrend erkennen. 2015 haben sich nur zehn Prozent Frauen für Geschäftsführungs- oder Vorstandspositionen beworben, 2017 waren es bereits 22 Prozent", erklärt Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte Österreich. "Die verstärkte öffentliche Diskussion und konkrete politische Maßnahmen haben ihren Anteil zu diesem Anstieg beigetragen."

Besetzungen entsprechen Bewerberinnenquote

Seit 2015 wurden nach dem Deloitte-Auswahlverfahren 28 Prozent der ausgeschriebenen Führungspositionen weiblich besetzt. Bei Vorstandspositionen fiel die Wahl in 20 Prozent der Fälle auf eine Frau. Der Anteil der Besetzungen mit Frauen deckt sich damit fast mit der Bewerberinnenquote. "Durch strukturierte Prozesse kann der Gender-Bias im Recruiting ausgeklammert werden. Das ermöglicht objektive, klar nachvollziehbare Besetzungen", so Wentner.

Frauen verlangen fast gleiches Gehalt wie Männer

Der Gender Pay Gap in Österreich beträgt 21,7 Prozent. Die Gehaltsschere wird oft darauf zurückgeführt, dass Frauen weniger Gehalt als Männer einfordern. Ein Blick in die Deloitte-Datenbank widerspricht dieser Annahme. "Bei der Analyse der Gehaltsvorstellungen im Topmanagement wurde festgestellt: Frauen verlangen mit einer Differenz von rund fünf Prozent nur geringfügig weniger als Männer", betont Wentner. "Dennoch verdienen die männlichen Führungskräfte häufig besser. Das rührt daher, dass Gehaltsverhandlungen in Unternehmen nicht selten intransparent und geschlechterspezifisch geführt werden."

Laut Wentner ist es bis zu einer echten Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wirtschaft noch ein weiter Weg. Doch es gibt eine positive Tendenz, die durch objektive Auswahlverfahren entsprechend verstärkt werden kann. (red, 5.3.2018)