Klagenfurt – Am Ende wurde aus dem großen Plus noch ein größeres. Durch die Auszählung der Briefwahlstimmen und der übrigen Wahlkarten verschob sich ein Mandat von der ÖVP zum Wahlsieger SPÖ.

Woher kommen nun die 141.000 Stimmen, die der SPÖ zum klaren Wahlsieg verholfen haben? Woher hat die FPÖ ihre Stimmenzuwächse bekommen? Antworten darauf liefert uns die Wählerstrom-Analyse vorm SORA-Institut.
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Peter Kaisers Partei gewann somit vier Mandate dazu – und liegt jetzt mit 18 Sitzen im Landtag knapp unter der absoluten Mandatsmehrheit von 19 Sitzen. Damit ergibt sich für Kaiser eine komfortable Verhandlungsposition. Der SPÖ-Chef hat die freie Wahl. ÖVP, FPÖ und Gerhard Köfer vom Team Kärnten stellen sich auch schon artig an, um beim Landeshauptmann eingelassen zu werden: Jeder will in die Regierung mit Kaiser.

FPÖ ganz streichelweich

Wobei sich die FPÖ schon am Wahlabend auffallend streichelweich gebärdete und zwischen den Zeilen signalisiert hatte, unter fast allen Umständen bereit für eine rot-blaue Regierung zu sein.

Nachschau: Lust und Frust herrschte am Wahlabend bei den Parteien. Während die Sieger ausgiebig gefeiert haben, war bei den Verlieren Trauer und Ursachenforschung angesagt.
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Unter den roten Funktionären gibt es durchaus Stimmen, die sich auch eine Koalition mit der FPÖ vorstellen könnten. Anders sehen das die SPÖ-Wähler: Laut Wahlanalysen wünscht sich nur eine kleine Minderheit eine blaue Beteiligung. Zudem hat die SPÖ zahlreiche Wählerinnen und Wähler aus dem Grünen-Lager und dem Kunst- und Kulturbereich gewonnen, die vor allem deshalb Rot gewählt haben, weil sie Blau in Kärnten verhindern wollten. Diesen sei Kaiser besonders verpflichtet, heißt es.

Personelle Änderungen?

Die Stimmung tendiert daher auch in der Partei eher in Richtung ÖVP. Wobei sich einige rote Granden einen ÖVP-Pakt nur dann vorstellen können, wenn es in der Volkspartei personelle Veränderungen gibt. Ein ÖVP-Chef Christian Benger, der im Wahlkampf ultimativ eine Einsparung von 140 Millionen Euro im Spitalsbereich gefordert hat – ein absolutes No-Go für die SPÖ -, werde jedenfalls kaum am Verhandlungstisch sitzen können, sagt ein SPÖ-Insider. Wenn es zu einem Wechsel an der ÖVP-Spitze kommt, sehe die Sache wieder anders aus.

Der strahlende Kärntner Wahlsieger strahlt noch mehr: Die Auszählung der letzten Stimmen brachte Peter Kaiser noch ein Mandat.

Der mächtige SPÖ-Bürgermeister Gerhard Mock aus St. Veit sagt im Gespräch mit dem STANDARD: "Mir ist jeder recht, nur keine Rechtsextremen." Die FPÖ in Kärnten habe sich zwar verändert, und FPÖ-Chef Gernot Darmann sei "kein Burschenschafter", aber niemand wisse, was sich dort noch entwickeln werde. Er habe andererseits auch mit der ÖVP "schlechte Erfahrungen" gemacht. "Sie hüpft hin und her und hat keine Handschlagqualität", sagt Mock. Aber auch er geht davon aus, dass sich durch eine Ablöse Bengers hier etwas ändern könne.

ÖVP hält sich bedeckt

Und es wird auch schon gemunkelt, dass in der ÖVP bereits vor der Wahl ein Wechsel an der Spitze vorbereitet worden sei. Offiziell hält man sich in der Volkspartei noch bedeckt. Hinter den Kulissen werden aber bereits Namen genannt: Als potenzielle neue Parteiobmänner sind zwei auch in der Bundespolitik tätige ÖVP-Politiker im Gespräch: der erfolgreiche Bürgermeister von Finkenstein am Faaker See, Bundesrat Christian Poglitsch, und der 41 Jahre alte Nationalratsabgeordnete und Villacher Gemeinderat Peter Weidinger, der demonstrativ als Proponent der neuen türkisen ÖVP auftritt.

Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass es auch in der FPÖ zu Veränderungen kommen kann. Das große Ziel, die SPÖ einzuholen und den Landeshauptmannsessel zurückzuerobern, wurde glatt verfehlt. Dafür muss Parteichef Gernot Darmann geradestehen. Nicht mehr fest im Sattel dürfte auch Klubobmann Christian Leyroutz sitzen, der – anders als Darmann – aus der Burschenschafterszene kommt.

Ermittlungen laufen

Gegen Leyroutz laufen Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen eines Beraterhonorars in der Höhe von 130.000 Euro, das er 2012 von den Klagenfurter Stadtwerken erhalten hatte.

Egal ob in Verhandlungen mit der ÖVP oder mit der FPÖ: Kaiser hat in den Gesprächen jedenfalls einen Joker im Talon: und zwar das Team Kärnten, die Partei des ehemaligen SPÖ-Politikers Gerhard Köfer. Die SPÖ hätte nämlich auch mit dieser Kleinpartei eine Mehrheit im Landtag.

Roter Wertekompass

Zum ersten Mal wird nun jedenfalls der von Kaiser konzipierte Kriterienkatalog oder "Wertekompass" zum Einsatz kommen. Die darin aufgezählten Prinzipien muss jeder potenzielle Koalitionspartner mittragen können. In Punkt eins des Wertekompasses steht etwa: "Wir sind stolz auf den antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik und verlangen auch von unseren politischen Partnerinnen ein uneingeschränktes Bekenntnis zu ebendiesem. Für uns als antifaschistische Partei ist keine Zusammenarbeit mit Parteien und Personen denkbar, die in irgendeiner Form (rechts-)extreme, faschistische oder anderweitig demokratiefeindliche Haltungen und Strömungen unterstützen. Dementsprechend werden wir auch keine rechtsradikalen, faschistischen oder sonstigen demokratiefeindlichen Initiativen, Maßnahmen oder Äußerungen dulden." (Walter Müller, Maria Sterkl, 5.3.2018)