Der Parlamentspalast in Bukarest: das größte Gebäude Europas.

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Der Arc de Triomphe in Bukarest.

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Das Leben in Bukarest ist ein fortwährendes Versteckspiel. Wo die Geschichte mehr als 70 Jahre zurückgeht, warten alte Stadtteile hinter einem übermächtigen Vorhang aus Beton aussichtslos auf einen späten Auftritt – die Front aus Wohnblöcken, die im Kommunismus mit Bedacht dicht aneinander und in genau kalkulierter Höhe gebaut wurden, stellt sie unentrinnbar in ihren Schatten.

Traut man sich aber hinter diese grauen Klötze, verlangsamt man das rasende Tempo der breiten Durchfahrtsstraßen mit ihrer streng militärischen Geradlinigkeit – ein Boulevard heißt Dorobanti, sinngemäß "Infanteristen", ein anderer führt zum (gleichnamigen) Bukarester Pendant des Pariser Arc de Triomphe –, schreitet man wie durch einen flüssigen Spiegel in die unprätentiöse Langsamkeit der Villenviertel, in denen die tief über die Gusseisenzäune herunterhängenden Linden den Rhythmus der Schritte vorgeben.

Einsprengsel zeitgenössischer Architektur

Hier ist ein Spaziergang eine Weltreise – die Straßen werden zu Gassen, führen aber in die weite Welt, denn sie heißen: Paris, Londra, Atena, Roma und sind von Art déco, Art nouveau oder Bauhausstilhäusern gesäumt, zwischen die sich das eine oder andere Einsprengsel sehenswerter zeitgenössischer Architektur gemischt hat.

Diesen Charme hat das "alte Zentrum", dessen von der Politik vollmundig versprochene Renovierung weitgehend gescheitert ist, verloren. Nahtlos reihen sich hier Bier- und Nachtlokale aneinander, keines davon hat auch nur eine Spur an Originalität oder Persönlichkeit. Hinter ihnen versteckt sich höchst wertvolle, aber hoffnungslos verfallene Bausubstanz.

Und noch mal Versteckspiel: Fast alles, auch die höchsten und größten Gebäude, muss man in Bukarest hinter riesigen Werbeflächen und Leuchtschriften hervorsuchen – diese sind, anders als alles andere, leicht zu finden. (Laura Balomiri, RONDO, 14.3.2018)