Wien – Im vergangenen Juni kam der 15-jährige Odion A. via Italien von Nigeria nach Österreich. Zwei Monate später verkaufte er Drogen an einen verdeckten Polizeiermittler und musste dafür gemeinnützige Arbeit leisten, einer Vorstrafe entging er. Was aber offenbar Beamte einer gürtelnahen Polizeiinspektion nicht davon abhält, den Teenager immer wieder zu kontrollieren.

Am 2. Oktober sollen drei uniformierte Polizisten noch weiter gegangen sein und ihn auf der Dienststelle gedemütigt, rassistisch beschimpft und bedroht haben, wie Staatsanwältin Hanna Fian den zwischen 27 und 32 Jahren alten Beamten vorwirft. Vor Richterin Minou Aigner muss sich das von Werner Tomanek verteidigte Trio wegen Nötigung verantworten.

Die Unbescholtenen weisen diese Vorwürfe strikt von sich, ein seltsames Bild ergibt sich dennoch. Denn der Zweitangeklagte D. sagt selbst, er alleine habe A. zwischen fünf und zehnmal kontrolliert, wenn er ihn auf der Straße gesehen habe. Drogen wurden dabei nie gefunden.

Verdächtig aus Erfahrung

Auch nicht am Nachmittag des 2. Oktober, als der Jugendliche auf der Straße stand. Verdächtig, wie Erstangeklagter Z. und Zweitangeklagter D. beteuern. "Wieso?", fragt die Anklägerin. "Er hat nach Polizei und Klienten Ausschau gehalten", lautet eine Antwort. "Und wenn ich dort stehe, auf einen Bekannten warte und mich umsehe, werde ich dann auch kontrolliert?", will Fian wissen. "Nein." Man habe genug Erfahrung, um zu wissen, wer verdächtig sei, wird ihr beschieden.

Z. und D. kontrollierten also die Personalien von A., er sei dann "laut und ausfällig" geworden und habe "wild gestikuliert", sagen sie. A. sagt, er wollte nur wissen, warum er schon wieder kontrolliert werde. Er wurde auf die Inspektion eskortiert und dort in einem Raum laut Erstangeklagtem zum siebten Mal aufgefordert, etwaige illegale Substanzen auszupacken.

Daraufhin habe A. sich wieder beschwert und nackt ausgezogen. Schlussendlich habe er zwei Organmandate erhalten – wegen der lauten Beschwerde am Gehsteig und Behinderung des Verkehrs. Die Kosten: just jene 70 Euro, die A. dabeihatte.

Divergierende Versionen

Der Nigerianer dagegen sagt, er sei aufgefordert worden, sich auszuziehen, habe die Pobacken spreizen und ein Kondom über seinen Penis ziehen müssen, während die Beamten ihn auslachten und beschimpften. Allerdings: Die Versionen, die er seinem Betreuer bei der Diakonie, den internen Ermittlern und nun Richterin Aigner erzählt, divergieren so sehr, dass Aigner ihm nicht glaubt und einen nicht rechtskräftigen Freispruch fällt. (Michael Möseneder, 6.3.2018)