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Investieren in das nähere Umfeld: Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine Regierungsmannschaft.

Foto: reuters

Wien – Udo Lett ist ein Beamter, der normalerweise nach außen hin nicht großartig in Erscheinung tritt. Er ist Beamter am Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) in Wien. Dessen Aufgabe ist es unter anderem, rechtsextremistische Vorgänge zu bekämpfen.

FPÖ-Innenminister Herbert Kickl vertraut auf die Expertise des Juristen, der sich zuletzt mit der "strategischen Analysefähigkeit" der Polizei Wien beschäftigte. Er hat ihn in sein Kabinett geholt. Die Planstelle im LVT besetzt Lett weiterhin, er ist nun aber dem Innenressort dienstzugeteilt, wie das in der Fachsprache heißt.

Kontrolle rechtsextremer Gruppen

Rechtlich hat das alles seine Richtigkeit, und Lett ist auch nicht der Erste aus dem Verfassungsschutz, der in ein Ministerkabinett wechselt. Angesichts der immer wieder auftauchenden Verbindungen von FPÖ-Politikern zu rechtsextremen Gruppen wie den Identitären wird die Optik in Ministeriumskreisen aber als nicht gerade glücklich bezeichnet.

Aus der Vergangenheit weiß man schließlich, dass politische Kabinette in Österreich einen starken Einfluss auf die Verwaltung ausüben (können). Mittlerweile wird auch in ÖVP-Kreisen diskutiert, ob es gescheit war, den Blauen sowohl das Innen- als auch das Verteidigungsministerium mit den jeweiligen Diensten zu überlassen. "Das beginnt schön langsam zu sickern", wie es ein Kenner des Hauses formuliert.

Wanzengate-Ermittlungen

Was hinter vorgehaltener Hand ebenfalls diskutiert wird: Das LVT wurde auch mit den Ermittlungen zum gemeldeten Einbruch im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache – auch bekannt als "Wanzengate" – beauftragt. Also noch ein Thema, wo sich die Frage nach den Grauzonen zwischen Politik und Verwaltung stellt. Das Innenministerium versichert jedenfalls: Lett habe seine Agenden schon lange an einen Nachfolger übergeben, habe keinen Zugriff mehr auf die LVT-Akten und sei auch vom "Kommunikationsfluss im LVT" abgeschnitten.

Das eine ist das Formelle, das andere das Informelle, meint hingegen der Politikwissenschafter Hubert Sickinger, der ein scharfer Kritiker der "Verpolitisierung der Verwaltung" ist, wie er es nennt. Denn: Auch wenn Kabinettsmitarbeiter offiziell keine Anweisungen erteilen können, wird sich in der Praxis ein Beamter natürlich dreimal überlegen, ob er widerspricht, wenn ein enger Vertrauter des Ministers oder der Ministerin einen Wunsch äußert.

Keine Ausschreibung nötig

Jüngstes Ärgernis für Sickinger sind die Generalsekretäre, die es vereinzelt zwar schon früher gab, die nun aber in jedem Ministerium – ohne jede Ausschreibung – eingesetzt werden können. Im Gegensatz zu Kabinettsmitarbeitern haben sie ein echtes Weisungsrecht gegenüber allen Sektionschefs. Da sie auch in den regulären Beamtenapparat wechseln können, drohten bei einem Regierungswechsel gut bezahlte "weiße Elefanten", wie Sickinger meint. Sauberer wäre aus seiner Sicht das deutsche Modell. Dort gibt es "beamtete Staatssekretäre". Der Unterschied zu Österreich: Deren Amtszeit endet mit jener des Ministers, und es gelten die Vorschriften des Beamtengesetzes.

Was Sickinger ebenfalls moniert: Hierzulande sei die Zahl der Kabinettsmitarbeiter in den letzten Jahrzehnte viel stärker gestiegen als in anderen Ländern. Darauf hat auch bereits sein Kollege Laurenz Ennser-Jedenastik hingewiesen, der für den STANDARD bloggt. In den 1970er-Jahren kamen die Kabinette noch mit ein paar Dutzend Personen aus, in den letzten Jahren waren es jeweils rund 160, wie regelmäßige parlamentarische Anfragen von Neos-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak gezeigt haben.

Mehr als 200 Mitarbeiter

Der langjährige Trend scheint sich auch unter Türkis-Blau fortsetzen. Die Ministerbüros einiger Ressorts sind über die staatliche Serviceseite help.gv.at abrufbar, andere über die Ministeriumshomepages. Auch wenn die Listen vereinzelt noch unvollständig sind, liegt man aktuell bereits bei über 200 Kabinettsmitarbeitern (exklusive Sekretariate).

In einigen Bereichen fallen die Vergleiche allerdings schwer. Unter "Kabinett" laufen bei Kanzler und VP-Chef Sebastian Kurz beispielsweise nur 13 Mitarbeiter, dazu kommen aber noch sieben Mitarbeiter seines Generalsekretärs und eine dreiköpfige Strategieabteilung.

Mehr Personal für den Finanzminister

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), der die Beamtenschaft gerade auf einen Sparkurs in der allgemeinen Verwaltung einschwört, hat 28 Mitarbeiter, wobei aber nur 16 Referenten sein sollen, wie man in seinem Büro auf Nachfrage versichert. Zum Vergleich: Vorgänger Hans Jörg Schelling kam mit elf aus. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat laut help.gv.at 23 Personen im Kabinett, wobei auch dort betont wird, ohne alle Assistenzen seien es nur elf.

Aber auch ein Kleinressort wie das Familienministerium, das nur rund zehn Millionen Euro Budget hat, beschäftigt neun Kabinettsmitarbeiter.

Auf FPÖ-Seite hatte Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger dem Vernehmen nach zu Beginn Schwierigkeiten, Personal zu finden. Mittlerweile werden 21 Mitarbeiter gelistet. In der alten Regierung, als Soziales und Gesundheit zwei Ministerien waren, gab es zusammen 25. Mehr als 20 Köpfe arbeiten auch im Strache-Büro. Lediglich das Verteidigungsressort veröffentlicht "aus militärischen Rücksichten" keine vollständige Liste, lässt aber den STANDARD wissen, Ressortchef Mario Kunasek habe, wie SPÖ-Vorgänger Hans Peter Doskozil, elf Mitarbeiter. (Günther Oswald, 7.3.2018)