Innovativer Wohnbau mit Grätzelcharakter und Lebensqualität: Dieses Rendering zeigt, wie es in Linz-Oed einmal aussehen soll.

Visualisierung: WAG

Der "Zwergenburg" genannte Kindergarten ging im Vorjahr in Betrieb – als erster Vorbote des Stadtentwicklungsprojekts.

Foto: Kurt Hörbst

Linz – Es staubt und kracht. Bis zur Hälfte schon haben sich die Baggerschaufeln durch den alten Siebzigerjahre-Beton gefressen. In wenigen Wochen wird das Eurocenter mit seinen seit Monaten leerstehenden Geschäften Geschichte sein. An seiner Stelle entsteht ein neues Stadtteilzentrum mit 140 Wohnungen und 3100 Quadratmetern Shoppingfläche (siehe Bild oben).

Begleitet wird das Projekt von diversen Sanierungsmaßnahmen: 1200 Wohnungen in der vom gemeinnützigen Bauträger WAG verwalteten XXL-Wohnhausanlage Linz-Oed wurden bereits saniert oder sollen in den kommenden Jahren noch modernisiert werden. Auf den Dächern der in den 1980er-Jahren errichteten Häuser entstehen zudem rund 100 neue Dachgeschoßausbauten.

Ganzer Stadtteil wird erneuert

"Linz-Oed ist unser derzeit größtes und wichtigstes Bauvorhaben", sagt Wolfgang Schön, Geschäftsführer des gemeinnützigen Bauträgers WAG. "Die meines Erachtens höchste Qualität dieses Projekts ist, dass wir hier einen ganzen Stadtteil erneuern und 240 Neubauwohnungen schaffen, ohne dabei Grünland anzutasten und ohne dabei neues Bauland erschließen oder neue Verkehrsinfrastruktur errichten zu müssen." Gerade in Linz, wo die Stadtfläche zu 50 Prozent als Grünland und Schutzgebiet definiert ist und daher nur spärliche Baulandreserven bietet, ist dieser Ansatz essenziell.

"Im österreichischen Wohnbau wird in erster Linie über Stadterweiterung diskutiert", kritisiert Schön im STANDARD-Gespräch. "Das ist mir zu wenig. Ich vermisse den Fokus auf Sanierung, auf Modernisierung, auf Verdichtung der bestehenden Stadt. Wenn wir die zunehmende Bevölkerung fair und gleichmäßig verteilen und dabei die Qualität unserer Städte erhalten wollen, dann bleibt uns nichts anderes übrig als die Arbeit am lebenden Objekt."

Startschuss mit Europan-Wettbewerb

Die Operationsvorbereitungen am Patienten Linz-Oed gehen auf einen Europan-Wettbewerb im Jahr 2013 zurück, aus dem das Wiener Architekturbüro studio uek als Sieger hervorging. Die geplanten Baumaßnahmen konzentrieren sich auf den Süden, wo rund um einen neu geschaffenen Stadtplatz die Wohn- und Geschäftsbauten gruppiert sind.

Als Ergänzung dazu soll am nördlichen Spitz an der Europastraße ein markantes Torgebäude entstehen. Der erste Vorbote der bevorstehenden Operation Stadt ist der von den x architekten geplante Kindergarten "Zwergenburg", der letztes Jahr in Betrieb ging (Bild unten).

Lebendiges Zentrum

"Wesentlich ist, dass wir der Schlafstadt Oed jetzt ein neues, lebendiges Zentrum verpassen", erklärt Gunar Wilhelm von mia2 architekten, die den städtebaulichen Europan-Entwurf von uek nun in die Realität umsetzen. "Dazu gehört auch, dass sich die Shopping- und Gastronomieflächen nicht mehr auf ein Einkaufszentrum konzentrieren wie bisher, sondern quer über das gesamte Areal verstreut sind und in die Erdgeschoßzonen integriert werden." Um die Freiraumgestaltung mit Robinien, Gleditschien und diversen Geländesprüngen kümmert sich das Wiener Landschaftsplanungsbüro Rajek Barosch.

Das Spektrum der neuen Wohnungen umfasst geförderte und freifinanzierte Garçonnièren, klassische Wohnungen und Maisonette-Apartments. Die Grundrisse zeichnen sich durch Offenheit und Flexibilität aus: Die Sanitärzellen liegen jeweils in der Mitte der Wohnung und können je nach Raumbedarf entweder rundum umgangen oder aber um Abstellräume und Garderoben ergänzt werden. Der außenliegende Sonnenschutz liegt nicht direkt vor den Fenstern wie sonst üblich, sondern vorne an der Loggienvorderkante. Auf diese Weise können auch die Freiräume beschattet werden. Der Dachgeschoßausbau auf den bestehenden Häusern erfolgt über das Linzer Büro Archinauten.

Modernisierung der "Hitler-Bauten"

Die nächsten Projekte der WAG, die diesem Vorbild der inneren Stadtverdichtung und -erneuerung folgen, sind bereits in den Startlöchern. Am Bindermichl und im Spallerhof sollen die im Volksmund genannten "Hitler-Bauten", die aufgrund ihrer großzügigen Freiräume bis heute sehr beliebt sind, erneuert und erweitert werden. "Aber natürlich werden wir auch hier die Attraktivität des Wohnfeldes beibehalten", versichert WAG-Chef Schön, der in Linz insgesamt 10.000 Wohnungen verwaltet. Geplant sind Wohnraum- und Loggiaanbauten bei bestehenden Wohnungen, Ausbauten der bislang meist ungenutzten Rohdachböden sowie zusätzliche Neubauten innerhalb der Anlage. (Wojciech Czaja, 10.3.2018)