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Vor der Revolution zählte das nordafrikanische Land im Jahr 2010 fast 15 Millionen Besucher.

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Kairo – Ägyptens Wirtschaft hängt stark vom Tourismus ab. Nach dem Aufstand gegen den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak 2011, den anschließenden politischen Unruhen und wegen islamistischer Terroranschläge sank die Zahl der ausländischen Gäste aber dramatisch. Die neue Tourismusministerin Ranis al-Mashat will nun aber mit "diversifizierten Angeboten" neu durchstarten.

Vor der Revolution zählte das nordafrikanische Land im Jahr 2010 fast 15 Millionen Besucher. Sie spülten ausländische Devisen ins Land und generierten viele Arbeitsplätze. Mit dem Umsturz kam der große Einbruch, erst in den vergangenen zwei Jahren gab es eine Erholung. 2016 waren es nach unterschiedlichen Angaben zwischen 4,5 und 6,8 Millionen Touristen. 2017 kamen laut dem Außenbeauftragten des ägyptischen Parlaments, Tarek Radwan, bereits wieder 8,4 Millionen Gäste ins Land. Das erste Quartal 2018 deutet auf einem weiteren Anstieg hin. Bis Ende April werden vier Millionen Touristen im Land der Pyramiden erwartet. "2019 werden es insgesamt 19 Millionen sein", versprüht Radwan Optimismus. Laut Regierungskreisen gab es im Vorjahr bereits wieder Einnahmen von über sechs Millionen Dollar.

Märkte diversifizieren

Ranis Al-Mashat, die ihr Amt im vergangenen Jänner angetreten hat, hegt ehrgeizige Pläne. "Wir wollen die traditionelle Märkte diversifizieren, den Tourismus nachhaltiger gestalten", erklärte sie jüngst im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Kairo. Immerhin biete Ägypten für fast alle Segmente etwas: "Man kann ein normaler Tourist sein, ein Pauschaltourist, ein Kulturtourist, ein Rucksacktourist, es gibt für alle etwas."

Nun gelte es, auch neue Nischen zu finden, erzählt die ehemalige Mitarbeiterin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und frühere stellvertretende Leiterin der Ägyptischen Zentralbank. Das könnten Bereiche wie Wellness-Projekte ("Wie haben ungenützte Thermalquellen"), Gesundheitstourismus oder sogar in Ägypten bisher eher unbekannte Segmente wie etwa Birdwatching sein. Man könne ja auch unkonventionelle Ideen andenken, meint die 42-Jährige, warum etwa sollten österreichische Pensionisten ihre Kuraufenthalte auf Krankenkassenkosten nicht theoretisch auch in Ägypten absolvieren könnten?

Bildungssystem verbessern

Die energische Politikerin mit US-Studienabschluss will auch neue Märkte erschließen: "Aus China hatten wir vor drei Jahren 100.000 Besucher, im Vorjahr waren es 300.000." Luft nach oben sei da aber noch genug. Ein Ziel müsse es freilich sein, die mangelnde Ausbildung der im Tourismus arbeitenden Menschen zu verbessern. "Das gilt für alle Bereiche: Gastfreundschaft, Service, Organisation, Haushaltsführung, Kochen. Vielleicht können wir ja auch ein Katalysator sein, um das ägyptische Bildungssystem allgemein zu verbessern."

Ägypten verfüge derzeit über rund 200.000 Hotelzimmer, meint die Ministerin, Es brauche aber viel mehr. Dafür gibt es ehrgeizige Projekt wie das Mega-Bauprojekt von El Alamein an der Mittelmeerküste in der Nähe von Alexandria. Der kleine Küstenort, bisher eher als Schauplatz von schweren Kämpfen im Zweiten Weltkrieg samt historischen Soldatenfriedhöfen bekannt, soll zu einer Millionen-Metropole ausgebaut werden, um den ägyptischen Tourismus-, Landwirtschafts-, Wohnungs- und Industriesektor anzukurbeln. Laut der Tourismusministerin sollen dort rund 25.000 neue Hotelzimmer entstehen.

Grand Egyptian Museum vor Eröffnung

Insgesamt erhofft man sich durch die Umsetzung des Entwicklungsprojekts El Alamein City die Schaffung von 1,5 Millionen neuen Arbeitsplätzen, weiß auch das Kairo-Büro der Wirtschaftskammer (WKO), das bei diesem und bei ähnlichen Projekten auch Chancen für österreichische Firmen ortet. Ägypten suche derzeit nach Investoren. "Vor allem für die neue Haupt- bzw. Regierungsstadt, die im weiteren Umfeld von Kairo im Entstehen ist, aber auch für die neue Suezkanal-Entwicklungszone." Das Interesse potenzieller österreichischer Investoren halte sich bisher aber in Grenzen. Die Interessen der österreichischen Firmen liegen eher im Zulieferbereich, heißt es seitens des österreichischen Außenwirtschafts-Centers in Kairo.

Aber auch das Projekt des Grand Egyptian Museums (GEM) in der Nähe der Cheops-Pyramide, dessen Eröffnung gegen Jahresende ansteht, soll ein wahrer Publikumsmagnet werden. Das größte archäologische Museum der Welt wird zehntausende Exponate der ägyptischen Kultur zeigen. Pro Tag, so die Kalkulation, wird es rund 15.000 Besucher anziehen.

Weit weg von Tourismuszentren

Voraussetzung dafür, dass der Tourismus weiter brummt, ist freilich, dass Ägypten ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Das weiß auch Außenminister Sameh Shoukry. Die Lage sei aber im Griff. In der Touristenhochburg Sharm El Sheikh sei beispielsweise noch nie etwas passiert. "Weil Ägypten dort für Sicherheit sorgt", ist Ägyptens Chefdiplomat überzeugt. "Wir werden diesen Kampf aber weiterführen. Wir haben viele Geräte eingekauft für stärkere Sicherheitsmaßnahmen auf ägyptischen Flughäfen. Man kann nie garantieren, dass nichts passiert. Aber wir können garantieren, dass wir uns zu hundert Prozent bemühen."

Tourismusministerin Al-Mashat sieht bezüglich des Themas "Terror" auch noch Aufklärungsbedarf. So sei etwa die Halbinsel Sinai, auf der sich auch Sharm El Sheikh befindet, größer als Belgien und andere europäische Länder. Die jihadistischen Anschläge und die Gegenmaßnahmen der Streitkräfte würden aber in ganz konkreten Gebieten im Norden stattfinden, meint Al-Mashat: "Weit weg von den Tourismuszentren." (APA, 8.3.2018)