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Bei Traurigkeit tendieren viele Menschen dazu, mehr zu essen. Bei Ärger und Ängstlichkeit essen die meisten weniger.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Süßigkeiten und ungesunde Snacks sind als Seelentröster und Nervennahrung besonders beliebt. Gegessen wird nicht aus Hunger, sondern zur Stress- und Emotionsregulation. Wissenschaftler sprechen in dem Zusammenhang von emotionalem Essen und definieren es als vermehrte Nahrungsaufnahme, um negative Emotionen und Stress zu reduzieren.

Salzburger Psychologen untersuchen in einem großangelegten Forschungsprojekt wie Emotionen unser Essverhalten bestimmen. "Wir wollen in einem neuen innovativen Ansatz die emotionalen Prozesse untersuchen, die unser Essverhalten beeinflussen", sagt der Essstörungsforscher Jens Blechert vom Fachbereich Psychologie der Universität Salzburg.

Für ihre von 2015 bis 2020 laufende Untersuchung haben die Salzburger Forscher Fragebögen entwickelt, in denen zwischen Stress und verschiedenen negativen Emotionen (Traurigkeit, Ärger, Ängstlichkeit) sowie positiven Emotionen unterschieden wird. Außerdem erfassen sie nicht nur das "emotionale Überessen", sondern auch das "emotionale Unteressen".

Körperliche Erregung

Die Ergebnisse sind teilweise anders ausgefallen als erwartet, sagt Projektmitarbeiter Adrian Meule: "Unsere Ergebnisse zeigen konsistent, dass in etwa gleich viele Menschen berichten, bei Stress weniger zu essen, wie Menschen, die berichten, bei Stress mehr zu essen. Viele berichten natürlich auch, dass sich ihre gegessene Nahrungsmenge durch Stress nicht ändert. Gleiches gilt für das Essen bei Fröhlichkeit. Bei Traurigkeit tendiert die Mehrheit dazu, mehr zu essen. Dass die meisten bei Ärger und Ängstlichkeit weniger essen, könnte mit der körperlichen Erregung zusammenhängen, sie unterdrückt den Appetit."

Was aber führt dazu, dass manche Menschen bei Stress (und anderen negativen Emotionen) zum "emotionalen Überessen" tendieren und andere zum "emotionalen Unteressen"? Auffallend ist für die Forscher, dass diejenigen, die angeben, in schlechter Stimmung mehr zu essen, meist bereits einen höheren Body Mass Index (BMI) haben. Genau umgekehrt ist es bei positiven Emotionen. In guter Stimmung lassen es sich vor allem die Schlanken gut und ausgiebig schmecken.

Emotionen unterscheiden

"Insgesamt zeigen die Ergebnisse, wie wichtig es ist, zwischen verschiedenen Emotionen zu unterscheiden, wenn man deren Einfluss auf das Essverhalten untersuchen möchte. Die generelle Idee der 'Nervennahrung', das sogenannte 'comfort food', deckt jedenfalls nur einen geringen Bruchteil des komplexen Zusammenhangs zwischen Emotionen und Essverhalten ab. Stress schlägt sich sehr unterschiedlich auf den Magen," resümiert Meule.

Essverhaltens-Studien wurden bisher fast ausschließlich als Laborexperimente durchgeführt. Bilder, Filme, Musik oder Stress-Aufgaben dienten als Auslöser für die diversen Stimmungen der Probanden. Naturalistisch lässt sich so das Essverhalten aber nicht abbilden. Um die Aussagekraft der Studien zu erhöhen, kombinieren die Salzburger Psychologen die Laboruntersuchungen mit Alltagsmessungen mittels einer Smartphone-App, die das Essverhalten und Stresssituationen in Echtzeit erfasst. "Unser Ziel ist es, die verhängnisvolle Verbindung zwischen Essen und Emotion aufzulösen. Wir möchten individuelle Trainingsmethoden für Frustesser entwickeln", sagt Blechert. (red, 8.3.2018)