Wien – "Wir schließen – alles bis minus 70 Prozent." In der leer geräumten Auslage des ehemaligen Lederfachgeschäfts kleben noch neongelbe Plakate an den Scheiben. Sie sind das einzige Überbleibsel, alle Waren sind weg – genauso im Schmuckgeschäft nebenan und im Jeansladen. Alle drei Shops waren im Erdgeschoß des Hauses in der Mariahilfer Straße 71A, dem ehemaligen Hotel Kummer, eingemietet. Der traditionsreiche Bau im sechsten Wiener Gemeindebezirk, bereits 1872 als Hotel eröffnet, hat seit einigen Monaten geschlossen. Im Inneren werden seit Oktober 2017 Abbrucharbeiten durchgeführt.

Das Hotel Kummer (links) wurde 1872 eröffnet, nun folgt das Hotel Motto samt Dachgeschoßausbau.
Foto/Rendering: Wertinvest/Arkan Zeytinoglu Architects

Auf der Mariahilfer Straße ist von den Bauarbeiten derzeit noch wenig zu sehen, Zäune und Schuttgruben wurden an der Rückseite des Gebäudes in der Schadekgasse aufgestellt, wo in naher Zukunft auch ein Kran stehen wird. Die Bushaltestelle des 14A musste um einige Meter weichen. Ab Juli wird das Gebäude dann rundum eingerüstet.

Es handelt sich derzeit nicht um die einzige Baustelle im Mahü-Umfeld. Auf der Straße selbst, keine hundert Meter vom Hotel entfernt, fahren schon die Bagger auf. Die vor drei Jahren neu eröffnete Mariahilfer Straße wird aufgegraben, weil Vorarbeiten zum Bau des U2/U5-Linienkreuzes geleistet werden. Betroffen ist auch die Zollergasse, wo bereits Grabungen durchgeführt wurden.

Drei Jahre nach der Eröffnung wird die Mahü wieder aufgegraben.
Foto: Rosa Winkler-Hermaden

Doch zurück zum Hotel Kummer: Der Grund für die Umbauarbeiten ist die Neuübernahme der Immobilie. Aus dem Hotel Kummer wird das Hotel Motto. Bis zur Eröffnung wird es allerdings noch zwei Jahre dauern.

Entstehen soll ein Boutiquehotel mit rund 90 Zimmern, zwei Seminarräumen, einem Restaurant, einem Biobäcker im Erd- und einer Bar im Dachgeschoß. Eigentümer des Hauses ist die Wertinvest – das ist jene Immobilienentwicklungsfirma, die auch für die umstrittene Neugestaltung des Heumarkts samt Abriss und Neubau des Hotel Intercontinental samt 66-Meter-Luxuswohnturm verantwortlich zeichnet. Die Höhe ist nicht zuletzt der Unesco ein Dorn im Auge, die Wiener Innenstadt wurde im Vorjahr auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt.

Das Dachgeschoß wird zweistöckig, oben wird sich eine Bar befinden.
Rendering: Arkan Zeytinoglu Architects

Auch das Hotelprojekt in der Mahü wird höher als der bisherige Bau. Die Wertinvest spricht von einem "den Vorstellungen eines zeitgemäßen Stadtbildes entsprechenden Dachgeschoßausbau". Geplant ist ein zweigeschoßiger, tonnenförmiger Ausbau – so beschreibt es Architekt Arkan Zeytinoglu auf seiner Webseite.

Das äußere Erscheinungsbild des Gründerzeitgebäudes soll ansonsten erhalten bleiben – inklusive klassizistischer Fassade. Im Inneren wird aber laut Wertinvest-Geschäftsführerin Daniela Enzi infolge der schlechten Bausubstanz ein teilweiser Abbruch von Decken und Wänden erforderlich. Das Gesamtvolumen des Projekts liegt bei rund 50 Millionen Euro, sagte Enzi dem STANDARD.

Die Eröffnung des Hotels ist für 2020 geplant.
Rendering: Arkan Zeytinoglu Architects

Die Wertinvest hatte das Gebäude 2014 von einer Gruppe um die ehemaligen Conwert-Chefs Günter Kerbler und Johann Kowar sowie der Traditionsfirma Gerstner erworben. Diese Investoren hatten das Hotel nicht einmal zwei Jahre zuvor von der Uniqa gekauft.

Betreiber des künftigen Hotels wird der Gastronom Bernd Schlacher. Er übernahm in den 1990er-Jahren das Lokal Motto im fünften Bezirk, hat die Halle im Museumsquartier und das Motto am Fluss gepachtet. Außerdem leitet er eine Catering-Firma. Als Fan der Mariahilfer Straße outete er sich bereits 2014 im Vorfeld der Anrainerbefragung über die Verkehrsberuhigung selbiger, als er eine Initiative dafür startete.

Über das Hotelprojekt sagt er zum STANDARD: "Das war schon immer mein Traum, ich bin froh, dass ich das verwirklichen kann." (David Krutzler, Rosa Winkler-Hermaden, 9.3.2018)