Der Roboter Lio arbeitet vor allem als Pflegehelfer und kann so einiges: Er bringt das Essen, räumt den Tisch ab, putzt, hebt Gegenstände vom Boden auf und beherrscht sogar Smalltalk.

Foto: F&P Personalrobotics

Außerdem macht Lio Spiele mit den Bewohnern, animiert sie zu körperlicher Aktivität und schlägt Alarm, wenn sie stürzen.

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Graz – Er heißt Lio, kommt aus der Schweiz und arbeitet hauptsächlich als Pflegehelfer. Dass er nur einen Arm hat, behindert ihn bei dieser Tätigkeit nicht. Er bringt das Essen, räumt den Tisch wieder ab, putzt, hebt auf den Boden Gefallenes auf, macht Spiele mit den Bewohnern, animiert sie zu körperlicher Aktivität oder schlägt Alarm, wenn sie stürzen. Lios Intelligenz ist für seinesgleichen durchaus bemerkenswert – wenn auch künstlich und damit begrenzt.

"Er wird zwar in Zukunft noch viel mehr können und noch zuverlässiger sein – als Roboter bleibt er letztlich aber doch ein beschränktes System", meint sein Erzeuger Hansruedi Früh nüchtern. Lio ist ein Produkt der Firma F&P Personal Robotics, die Früh 2014 gegründet hat. 40 Mitarbeiter sind in diesem Unternehmen beschäftigt – ein Team am Standort Zürich, ein weiteres in China. Neben Europa ist China ein großer und an den Schweizer Servicerobotern schon jetzt sehr interessierter Markt.

Deshalb hat Lio auch einen zweiarmigen Bruder: "In China kommen menschenähnliche Roboter sehr viel besser an als in Europa", weiß der Firmenchef. "Bei uns haben es die Leute lieber, wenn man die technische Natur eines Gerätes nicht ganz verbirgt." Weil man Lio aber doch ein bisschen Persönlichkeit verleihen wollte, habe man ihm zumindest ein niedliches Gesicht verpasst. Ob sich Menschen in Senioren- und Pflegeeinrichtungen dadurch eher mit einem Serviceroboter anfreunden können?

Erarbeitetes Vertrauen

"Die Akzeptanz ist sowohl beim Personal als auch bei den Senioren stark gestiegen", freut sich Früh. "In einer wissenschaftlichen Studie mit dem Psychologie-Institut der Uni Basel wurde kürzlich festgestellt, dass Serviceroboter nur noch von zehn bis 20 Prozent der Heimbewohner und Betreuer gänzlich abgelehnt werden."

Außerdem zeigte sich in der Untersuchung, dass der Roboter oft erst dann auch zur Unterhaltung eingesetzt werde, wenn er sich zuvor nützlich machen konnte. "Nachdem er das Essen gebracht, den Boden geputzt und an die Medikamenteneinnahme erinnert hat, können ihn die Menschen leichter auch als Spielpartner akzeptieren."

Über 30 unterschiedliche Aufgaben kann Lio zurzeit durchführen: So kann er neben Haushalts- und Animationsdiensten etwa auch Daten zum Gesundheitszustand des Betreuten erfassen und diese an das Pflegepersonal, die Angehörigen oder die Notfallzentrale weiterleiten. Diverse Sensoren sowie Datenbankinfos machen diese laufende Zustandserfassung möglich. Wer möchte, kann zudem mit Lio nicht nur Gymnastik machen oder spielen, sondern sich von ihm sogar streicheln lassen – immerhin ist er in der Lage, Berührungen wahrzunehmen und adäquat darauf zu reagieren.

Monotoner Smalltalk

Sogar ein bisschen Smalltalk ist mit ihm möglich – obwohl er diesbezüglich durch seine leicht monotone Stimme noch etwas gehandicapt ist. "Zurzeit arbeiten wir unter anderem daran, die Stimme des Patienten differenzierter wahrzunehmen, damit der Roboter die seine entsprechend anpassen kann", verweist Hansruedi Früh auf die laufenden Optimierungen an Lio.

Die Befürchtung, dass der Einsatz von Servicerobotern die Betreuung von alten und kranken Menschen im wahrsten Sinne des Wortes "unmenschlicher" machen könnte, teilt der Geschäftsführer der Schweizer Roboterschmiede naturgemäß nicht. "In vielen Ländern der Welt gibt es zu wenig Pflegepersonal – durch die Hilfsdienste von Robotern bleibt den Betreuern letztlich mehr Zeit, sich den Menschen wirklich zuzuwenden."

Je nach Konfiguration 60.000 bis 80.000 Euro kostet ein Serviceroboter wie Lio heute. Dazu kommen dann noch die Kosten für Personalschulungen, für Wartung und Updates der Datenbanken. "Insgesamt muss man mit rund 100.000 Euro rechnen", so der Unternehmer mit Wissenschaftshintergrund. An die zwei Monate dauert die Einarbeitungsphase für das Personal, denn gesteuert werde Lio von den Pflegern vor Ort. Sie bestimmen also letztlich mit, ob er ein guter Schachpartner, ein sensibler Vorturner, ein stiller Diener oder alles zusammen und noch viel mehr sein soll. (grido, 14.3.2018)