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Peter Pellegrini wird neuer Regierungschef der Slowakei.

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War seit 2012 im Amt: Ex-Premier Robert Fico.

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Bratislava/Wien – Bis zuletzt hatte sich die slowakische Regierung an die Macht geklammert, schließlich hielt sie dem öffentlichen Druck nicht mehr stand: Premierminister Robert Fico von der sozialdemokratischen Partei Smer trat am Donnerstag zurück und zog damit die Konsequenz aus dem Mord an dem jungen Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak.

Den scheidenden Premier wird Peter Pellegrini ersetzen, der bisherige stellvertretende Regierungschef. Das bestätigte Pellegrini nach einem Treffen mit Kiska. Baldige Neuwahlen, wie sie noch kurz zuvor als wahrscheinlichstes Szenario gegolten hatten, dürften damit vorläufig vom Tisch sein. Laut Medienberichten war nämlich Fico gemeinsam mit seinen beiden Koalitionspartnern, den Chefs der liberalen Partei Most-Híd und der Slowakischen Nationalpartei (SNS), bei Kiska vorstellig geworden, um Bedingungen für den Rücktritt zu stellen: Der Präsident müsse ihm zusichern, dass die derzeitige Dreiparteienkoalition ein neues Kabinett zusammenstellen könne – und dass es erneut seine Partei Smer sei, die einen Regierungschef vorschlagen dürfe.

Warnung vor "Chaos"

"Vorgezogene Neuwahlen würden fast sicher von Chaos und instabilen Verhältnissen begleitet werden", rechtfertigte Fico sein Vorgehen, das für viele überraschend kam: Vor allem Most-Híd hatte zuletzt immer wieder Neuwahlen als Ausweg aus der Krise in Aussicht gestellt, will nun aber ebenfalls in der Koalition bleiben. Für sich selbst nahm Fico die Rolle des verantwortungsbewussten Opfers der jüngsten Entwicklungen in Anspruch: "Die Ambitionen eines Einzelnen dürfen nicht wichtiger sein als das Schicksal des Landes, dem Chaos droht", erklärte er.

Seine zahlreichen Kritiker sehen das freilich anders. Die Umfragewerte von Ficos Partei Smer sind in den vergangenen Wochen von 25 auf 20 Prozent gefallen. Zudem gaben in einer Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Focus für die Zeitung "Denník N" mehr als 62 Prozent der Befragten an, Fico nicht mehr zu vertrauen. Der Umgang der Politik mit der Krise nach dem Mord an Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnírová geht demnach vor allem zulasten der stärksten Regierungspartei. Gerade diese dürfte also kaum Interesse daran haben, die Bürgerinnen und Bürger schon bald zu den Urnen zu rufen.

Größte Massenproteste seit 1989

Am Montag hatte bereits Innenminister Robert Kaliňák seinen Rücktritt angekündigt. Kaliňák, der als enger Vertrauter Ficos gilt, war jedoch am Mittwoch erneut in der Regierungssitzung zugegen – zum letzten Mal, wie er einräumte. Gegen Kaliňák waren auch in der Vergangenheit immer wieder Korruptionsvorwürfe laut geworden. Nach dem Journalistenmord stand er als Innenminister deshalb besonders stark in der Kritik.

Der 27-jährige Kuciak nämlich, der Ende Februar in seinem Haus in der Westslowakei tot aufgefunden worden war, hatte zuletzt über Verbindungen von Politikern und Staatsbeamten zur italienischen Mafia recherchiert. Dabei soll es auch um EU-Subventionsbetrug gegangen sein. Nachdem politische Konsequenzen zunächst ausgeblieben waren, kam es zu den größten Massenprotesten seit der Samtenen Revolution des Jahres 1989.

Kritische Journalisten für Fico "antislowakische Prostituierte"

Neben Kaliňák wurde auch Fico eine Mitverantwortung für die Ereignisse vorgeworfen: Die Kontakte verdächtiger italienischer Geschäftsleute sollen bis in sein engstes Umfeld gereicht haben. Zudem hatte er früher kritische Journalisten als "antislowakische Prostituierte" bezeichnet und damit nach Ansicht von Kritikern zur Einschüchterung von Medienvertretern beigetragen. (Gerald Schubert, APA, 15.3.2018)