Blick auf die Konstellation Perseus am Nordsternhimmel, NGC 1277 ist rechts oben hervorgehoben.
Foto: NASA, ESA, M. Beasley (Instituto de Astrofísica de Canarias), and P. Kehusmaa

La Laguna – Etwa 240 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Perseushaufen befindet sich die linsenförmige Galaxie NGC 1277. Und wenn Leben gleich Veränderung ist, dann ist diese Galaxie tot. "Rot und tot", wie es das Goddard Space Flight Center der NASA kurz zusammenfasst.

Die Distanz ist zwar kein Katzensprung, dennoch findet man Galaxien wie diese in der Regel nur in sehr viel größerer Entfernung: Dort, wo das Hubble-Teleskop mit maximaler Auflösung ins frühe Universum zurückblickt, zeichnen sie sich als rote Punkte ab. Im Vergleich zu ihnen liegt NGC 1277, ebenfalls mit Hubble beobachtet, fast schon in der kosmischen Nachbarschaft und ermöglicht so einzigartige Einblicke in die Natur von Galaxien, deren Entwicklung zum Stillstand gekommen ist.

Erst Boom ...

Laut jüngsten Berechnungen spanischer Astronomen vom Instituto de Astrofisica de Canarias hat NGC 1277 nur etwa ein Viertel der Größe der Milchstraße, enthält aber doppelt so viele Sterne. Und alle sind sie alt. In den frühen Abschnitten ihrer Existenz hat die Galaxie einen wahren Boom an Sterngeburten erlebt – bis zu 1.000 Mal schneller, als heute in der Milchstraße neue Sterne entstehen.

Irgendwann ist diese hektische Tätigkeit jedoch abgerissen – und wurde nie wieder aufgenommen. Laut den Astronomen ist die Galaxie seit etwa zehn Milliarden Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben. Als wichtiges Anzeichen dafür werten sie die Kugelsternhaufen um NGC 1277: Während massereiche Galaxien, inklusive unserer eigenen, entsprechend dem Metallgehalt sowohl blau als auch rot erscheinende Kugelsternhaufen haben, ist bei NGC 1277 alles rot.

Von Kugelsternhaufen roter Farbe nimmt man an, dass sie sich zeitgleich mit den Galaxien gebildet haben, in deren Halo sie nun liegen. Blaue gelten als Nachzügler: Sie sollen sich hinzugesellt haben, als die jeweilige Galaxie kleinere Nachbarinnen verschluckt hat bzw. mit diesen verschmolzen ist. Auch die Milchstraße ist eine solche "Kannibalin" und dürfte diese Gewohnheit auch nicht so schnell ablegen.

... dann Stillstand

NGC 1277 hat diese Möglichkeit aber nicht, und schuld daran ist laut dem Astronomen Ignacio Trujillo vor allem, dass sie sich mit rasender Geschwindigkeit bewegt. Sie zieht so schnell durch das Zentrum des Perseushaufens, dass sie keine Materie von zeitweilig benachbarten Galaxien an sich binden kann. Damit fehlt ihr das Rohmaterial, um ihrer Arbeit der Sternenproduktion nachzugehen, und sie altert ohne Chance auf Erneuerung vor sich hin. (jdo, 16. 3. 2018)