Oft ist es die Sehnsucht nach dem Leben im Einfamilienhaus, die die Menschen in den sogenannten Speckgürtel treibt.

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Nicht nur Wien, sondern auch sein Umland wächst kräftig. Dahinter steht der Wunsch vieler Österreicher, im Einfamilienhaus auf dem Land zu wohnen – gleichzeitig aber nahe bei der Stadt zu sein. Wie man mit dem Wachstum umgehen soll, war jüngst Thema einer Podiumsdiskussion bei der Fachveranstaltung Immobilienforum in Wien.

Dabei wurde klar: Mancherorts wird es heute schon eng. In Baden gebe es "de facto keine Möglichkeit der Entwicklung mehr", erklärte Helga Krismer, Vizebürgermeisterin von Baden und Landessprecherin der Grünen. "Boden ist knapp in dieser Stadt." Einzig das Areal der früheren Martinek-Kaserne würde sich für eine größere Entwicklung eignen, "aber wie es dort weitergeht, weiß man nicht".

In der Innenstadt ist derzeit eine Bausperre in Kraft, "die auch verlängert wird", wie Krismer ankündigte. "Wir haben die Wohneinheiten beschränkt, weil es das Bestreben gab, dass Grundstücke angekauft, zusammengelegt und maximal verwertet werden. Das zerstört das Bedürfnis des Kleinen und der Grünflächen."

Druck auf Preise

Diese Kleinteiligkeit und die Grünflächen sind nicht nur gut für das Mikroklima der Städte und Gemeinden, sondern werden von den Bewohnern auch gewünscht: "Wir möchten die Struktur, die wir haben, erhalten – und das ist unsere tägliche Herausforderung", so der Perchtoldsdorfer Bürgermeister Martin Schuster (ÖVP). Nachsatz: "Aber viele von denen, die sich unsere Gemeinde als Wohnraum ausgesucht haben, leben ein bisschen nach der Mentalität: 'Ich bin hierhergezogen, aber nach mir bitte niemand mehr."

Auch in Perchtoldsdorf merke man den Druck auf die Immobilienpreise. Baustopps seien eigentlich ein gegenteiliger Trend zum Bevölkerungswachstum, räumte Schuster ein. Die Grenzen von Gemeinden würden aber beispielsweise beim Denkmalschutz in den Innenstädten oder bei der Infrastruktur liegen, die mit dem Wachstum nicht Schritt hält.

Von Einfamilienhäusern geprägt

Auch Tulln wächst. Die Stadtbevölkerung hat seit 2000 um 27 Prozent zugelegt, berichtete Robert Gutscher, Leiter Liegenschaften und Unternehmerservice der Stadt: "Aber nicht nur aufgrund seiner Nähe zu Wien", sondern auch, weil Tulln durch verstärkte Betriebsansiedelungen eine "kleine Metropole für die Region" geworden sei.

Auch hier seien Bausperren schon Thema gewesen, so Gutscher, "weil viele Investoren sehr verdichtete Projekte umsetzen wollten". Das errege Widerstand in der Bevölkerung. Denn Tulln sei immer noch stark von Einfamilienhäusern geprägt. Mittlerweile sei die Gemeinde selbst am Immobilienmarkt aktiv, derzeit werden zwei neue Kindergärten gebaut, darüber leistbare Wohnungen.

Aber nicht nur um mehr und vor allem leistbaren Wohnraum geht es in den Umlandgemeinden. Auch Arbeitsplätze braucht es, um nicht zur Schlafstadt zu werden.

Kein Co-Working

Moderne Arbeitskonzepte sind im Wiener Umland jedoch noch nicht angekommen: Im Badener Zentrum sei man damit gescheitert, so Krismer, "das wird jetzt geschlossen". In Perchtoldsdorf wiederum kämpft der Handel in den Innenstädten mit der Online-Konkurrenz, so Bürgermeister Schuster: "Wir gehören auch zu den Gemeinden, wo Kastenwägen mehrmals am Tag online bestellte Waren anliefern." Regionale Ideen gäbe es aber, etwa, was ein gemeinsames Abholzentrum betrifft oder ein Online-Portal kleiner, lokaler Betriebe.

Helga Krismer klagt über Bürgerinitiativen, die gegen gewerbliche Entwicklungen in der Kurstadt Baden Sturm laufen. Auch der Denkmalschutz sei ein Hindernis, etwa beim Hotel Sauerhof, wo ein Fünf-Sterne-Gesundheitsresort geplant ist, aber bisher keine Einigung zwischen Investor und Bundesdenkmalamt gefunden werden konnte.

Herausforderungen also, die die Wiener Umlandgemeinden zunehmend zusammenschweißen: "Die Kooperationen der Gemeinden haben deutlich zugenommen", so Schuster. "Eine Gemeinde für sich wird das nicht lösen." (Franziska Zoidl, 27.3.2018)