Rüge für den "Klartext"-Kommentar von Kurt Seinitz.

Foto: Faksimile/Kronen Zeitung

Wien – Der österreichische Presserat rügt die "Kronen Zeitung": Nach Ansicht des Selbstkontrollorgans der Presse verstößt der Artikel "Selbstmord eines Kriegsverbrechers: Starker Abgang wie einst von Göring" von Kurt Seinitz gegen den Ehrenkodex – konkret gegen die Suizidberichterstattung. Anlass für den Artikel am 30. November 2017 war der kroatische General Slobodan Praljak, der bei der Verkündung seines Schuldspruchs durch das UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag Gift zu sich nahm.

Im Artikel wurden Formulierungen verwendet wie "starker Abgang wie einst von Göring", der "Knalleffekt" erinnere an den Nazi-Reichsmarschall Göring und der Verurteilte habe das eingeschmuggelte Fläschchen "spektakulär im Gerichtssaal geleert", begründet der Presserat die Rüge in einer Aussendung.

Heroisierung fehl am Platz

Nach Auffassung des Senats glorifizier und heroisiere die Darstellung in gewisser Art und Weise den Suizid. Die Bezeichnung des Suizids als "starken Abgang" könnte darüber hinaus andere suizidgefährdete Personen dazu animieren, auf eine ähnliche Art und Weise Suizid zu begehen, heißt es weiter. Dies verstößt gegen Punkt 12 des Ehrenkodex, wonach die Berichterstattung über Suizide große Zurückhaltung gebietet. Und: "Göring war die zentrale Person des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher des NS-Regimes; Praljak war einer der maßgeblichen Kriegsverbrecher des Balkankrieges. Den Suizid von Kriegsverbrechern beschönigend als 'starken Abgang' zu bezeichnen, hielt der Senat für verfehlt.

Zum STANDARD sagte der Verfasser des Artikels, Kurt Seinitz, damals, dass er die Kritik nicht nachvollziehen könne, denn: "Starker Abgang ist eine professionelle und keine ideologische Formel." Die "Kronen Zeitung" ist jenes Medium, das am häufigsten vom Presserat gerügt wird. Im Jahr 2017 waren es zehn Verstöße.

Fotos für den Presserat in Ordnung

Nicht gegen medienethische Prinzipien verstoßen hingegen in mehreren Medien veröffentlichte Bilder, die den kroatischen General Slobodan Praljak zeigen, als er das Gift zu sich nahm. Der Grund? Der vorliegende Suizid sei ein Sonderfall. "Der Prozess gegen den General war von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Aufgrund der außergewöhnlichen Umstände des Suizids und des ausgeprägten Interesses der Allgemeinheit an dem Kriegsverbrecherprozess" könne nicht von einem Verstoß die Rede sein, so der Presserat. (red, 16.3.2018)