Seit kurzem in Bau: Glorit-Projekt am Loimerweg.

Visualisierung: Glorit
Wiener Komfortwohnungen

Baurecht können in Videos zwar Kinder erklären, zu beachten gibt es dabei aber doch so einiges.

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Wenn Kinder das Baurecht erklären, klingt es simpel. "Mama und Papa wollen ein Haus bauen", sagt ein Mädchen. "Das steht auf einer Wiese, aber die Wiese gehört einem Freund", setzt ein Bub fort. Kindliche Schlussfolgerung: "Die Wiese muss man nicht bezahlen."

Die Szene entstammt einem Facebook-Video der Wiener Komfortwohnungen GmbH, die seit vergangenem Jahr in der Jägerstraße 58 in Wien-Brigittenau an einer Wohnanlage baut. Die Besonderheit dort ist das erwähnte Baurecht, also dass auf fremdem Grund gebaut wird.

Der "Freund", dem die Wiese gehört, ist in diesem Fall das Stift Klosterneuburg, ohnehin Großgrundbesitzer in Wien. Das Stift vergibt das Baurecht an die Komfortwohnungen GmbH, genauer gesagt an eine slowakische Gesellschaft von Alexander Finster, dem auch die Komfortwohnungen GmbH gehört. Diese errichtet darauf 192 Wohnungen. Vor einem Monat war Dachgleiche.

Mit Stand 13. März waren 110 der 192 Wohnungen verkauft, teilt das Unternehmen auf Anfrage des Standard mit. Der Großteil davon sind Anleger, darauf lassen im Vorjahr genannte Zahlen schließen. Aktuell beantwortet man die Frage nach dem Verhältnis von Selbstnutzern zu Anlegern ausweichend.

Anfangs war EHL als "Vertriebspartner für Eigennutzer" mit von der Partie, mittlerweile nur noch als Hausverwalter. "Die EHL ist nicht auf den Verkauf von Baurechtswohnungseigentum spezialisiert", teilt die Komfortwohnungen GmbH mit. Den Verkauf an Eigennutzer erledigt man mittlerweile selbst bzw. mit dem Partner Immosan Immobilien GmbH. Mit dem Vertrieb der Vorsorgewohnungen ist die Auritas Finanzmanagement beschäftigt.

Wer die Wiese bezahlt

Doch zurück zu den wichtigen Fragen. Wer bezahlt denn nun eigentlich die "Wiese", bzw. das Grundstück?

Die Wohnungskäufer erwerben den Grund jedenfalls nicht, sondern zahlen einen monatlichen Bauzins von 1,10 Euro je Quadratmeter. Pro Wohnung also doch etwas mehr als "drei Gummibären" monatlich, die "Mama und Papa" für die "Wiese" zahlen müssen. Durch den Baurechtsvertrag, der dem Standard vorliegt, fließen jährlich 145.200 Euro an das Stift.

Das Baurecht wurde auf 100 Jahre vereinbart, allerdings schon 2011, läuft also "nur" noch bis 2110. Und dann? Im konkreten Fall gibt es eine schriftliche Zusage des Stifts, den Vertrag nochmals um 100 Jahre zu verlängern. Der Bauzins wird dann neu verhandelt.

Fixiert ist das alles noch nicht. Sollte das Baurecht nach 100 Jahren "erlöschen", sind die Baulichkeiten "entschädigungslos in das Eigentum des Baurechtsgebers zu übertragen", heißt es im Vertrag.

Eigentum mit Ablaufdatum

Dass das Wohnungseigentum somit nur für eine gewisse Zeit erkauft ist, ist ein Umstand, der speziell österreichischen Interessenten eher schwierig zu vermitteln ist, hört man von Maklern immer wieder.

Bei einem anderen aktuellen Baurechtseigentumsprojekt, jenem des Bauträgers Glorit am Loimerweg unweit der Alten Donau im 22. Bezirk, läuft das Baurecht sogar nur für 60 Jahre, und der Baurechtsvertrag enthält den Passus, dass das Gebäude unter Umständen abgebrochen werden muss, sollte es zu keiner – auch hier gleichwohl möglichen – Verlängerung kommen. Die 60 Jahre erklärt Vertriebsleiter Lukas Sattlegger damit, dass man die Laufzeit stets von der Lage und der dort zu erwartenden Käuferschaft abhängig mache. Das Stift vergebe entweder für 60 oder 100 Jahre, hier habe man sich für die erste Variante entschieden, "denn bei 60 Jahren ist der Bauzins natürlich günstiger als bei 100 Jahren".

"Nicht für jeden"

Drei von elf Wohnungen am Loimerweg, wo vor wenigen Tagen Baustart war, habe man schon verkauft, zumindest zwei davon an Eigennutzer, so wie bei Glorit generell rund 90 Prozent der Käufer Eigennutzer seien. Dass der Baurechtsnehmer laut Baurechtsvertrag über die gesamte Dauer verpflichtet ist, die Wohnhausanlage "in gutem und ordnungsgemäßem Zustand" zu halten, sei so zu interpretieren, dass "die Gesetze eingehalten werden", sprich: keine Gefahr für Leib und Leben bestehe, erklärt Sattlegger. Dass der Baurechtsgeber deshalb verlangen könnte, auch kurz vor einem theoretisch möglichen Abriss noch eine umfassende Sanierung durchzuführen, sei damit nicht gemeint.

Er räumt ein, dass das Thema Baurechtseigentum "sicher nicht für jeden" etwas sei, manche Kunden würden es aber doch schätzen – durchaus auch solche mit Kindern, wie er berichtet (Stichwort: Erbschaft).

Womit wir wieder beim Video wären. "Na, alles verstanden?", fragt ein Bub am Ende. "Baurecht ist kinderleicht!", glucksen alle im Chor. Bleibt zu hoffen, dass auch ihre Enkel den "Wiesenbesitzer" noch einen "Freund" nennen können. (Martin Putschögl, 24.3.2018)