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Ums Palais Herberstein (hier noch mit Café Griensteidl) wird prozessiert. Der Käufer fühlt sich hintergangen, der Verkäufer aber auch.

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Wien – Der Verkauf des Palais Herberstein am Wiener Michaelerplatz, in dem bis zum Vorjahr das Café Griensteidl eingemietet war, ist ein Fall fürs Gericht geworden. 2015 hat die Schweighofer Privatstiftung rund um den Holzindustriellen Gerald Schweighofer Raiffeisen das Innenstadtgebäude abgekauft, konkret die Besitzgesellschaft der Immobilie. Der Kaufpreis lag bei 45 bis 49 Millionen Euro.

Inzwischen hat die Privatstiftung die Verkäuferin Raiffeisen Invest GmbH beim Handelsgericht Wien geklagt – es geht um zwölf Millionen Euro. Wie die Juristen das begründen, erschloss sich vorigen Donnerstag in der dritten Gerichtsverhandlung zu dieser Causa. Flapsig gesagt: Raiffeisen habe gegenüber den Griensteidl-Betreibern auf eine Mietzinserhöhung verzichtet, aus den finanziellen Folgen daraus leitet die Klägerin ihren Anspruch ab.

Verzicht auf Mietanhebung

Konkret habe Raiffeisen gegenüber Attila Dogudan (bzw. Do & Co) einst darauf verzichtet, die Geschäftsmiete fürs Café zu erhöhen – was dem Vermieter gemäß § 12a Mietrechtsgesetz bei Unternehmensveräußerungen zusteht. Kurzer, erklärender Blick zurück: Do & Co hat 2002 den Demel am Kohlmarkt gekauft (die k. u. k. Hofzuckerbäcker Ch. Demel's Söhne GmbH), gleichzeitig auch das nie richtig florierende Griensteidl von Raiffeisen übernommen. Angeblich haben die Griensteidl-Betreiber für das Café am Michaelerplatz (770 Quadratmeter) 27.000 Euro im Monat bezahlt – Schweighofer geht davon aus, dass der angemessene Mietpreis bereits 2015 rund 50.000 Euro betragen habe.

Dogudan war bekanntermaßen nicht bereit, mehr zu zahlen, das Griensteidl schloss Mitte 2017 seine Pforten. Einen fixen Nachmieter gibt es noch nicht. Heute soll das Gebäude samt Leerfläche bereits 78 Mio. Euro wert sein, hieß es bei der jüngsten Verhandlung.

"Hinters Licht geführt"

Dort war die Stimmung angespannt, aber nicht, weil die Richterin krank war und die Verhandlung daher abkürzen musste. Vielmehr ärgerte sich Raiffeisen-Anwalt Raimund Bollenberger über die wiederholte Darstellung des "informierten Vertreters" der Privatstiftung, Frank Aigner, man sei vom Verzicht auf die Mietpreiserhöhung nicht informiert worden. Dieser Verzicht erschließe sich aus einer Mail des damaligen Raiffeisen-Zentralbank-Chefs Walter Rothensteiner.

Die Raiffeisen-Seite bestritt das, Schweighofer habe sogar einen "Informationsvorsprung gehabt, über den haben Sie uns aber hinters Licht geführt". Was Aigner bestritt. Dem STANDARD erklärte Bollenberger, bei den Verhandlungen 2015 sei nicht erkennbar gewesen, dass das Thema Mietzinserhöhung wegen des Unternehmensverkaufs 2002 von Relevanz für Schweighofer gewesen sei. Die Forderung von zwölf Mio. Euro könne Raiffeisen "nicht nachvollziehen".

Unglück oder Vergleich

Vorschläge zur Einigung gab es vor Gericht von beiden Seiten. Die Kläger boten Raiffeisen das Geschäftslokal (zum höheren Preis) für zehn Jahre zur Miete an. Raiffeisen lehnte ab. Und schlug der Schweighofer-Seite ("Wenn Sie schon so unglücklich mit dem Haus sind") die Rückabwicklung des Kaufs vor. Abgelehnt. Also wird im Juni weiter verhandelt – es sei denn, man einigt sich vorher doch noch auf einen Vergleich. Gespräche in diese Richtung hat es bereits gegeben. (Renate Graber, 17.3.2018)