Erl – In der Causa rund um die schweren Vorwürfe gegen die Festspiele Erl und deren Künstlerischen Leiter Gustav Kuhn hat sich nun das Minsker Orchester, das für die Festspiele tätig ist, zu Wort gemeldet. Die anonymen Vorwürfe von geringen Gehältern und "Sklaventum" würden nicht stimmen, erklärten die Musiker unisono am Montag bei einer Pressekonferenz in Erl.

"Es ist unsere Wahl, in Erl zu sein, und es gefällt uns hier", meinte etwa Fjodar Lushch, Konzertmeister des Orchesters. Die derzeitige Berichterstattung würde ihnen jedenfalls nicht helfen. "Wir können vor Ort selbst unsere Probleme lösen, ohne die Öffentlichkeit miteinzubeziehen", erklärte Lushch. Die Musiker des Minsker Orchester könnten selbst definieren, was ihnen passe und was nicht.

Höher als Gehälter in Weißrussland

Wie viel die einzelnen Musiker verdienen, wollte jedoch kein Mitglied des Orchesters preisgeben. "Unsere Gehälter sind aber höher, als die Gehälter anderer Musiker in Weißrussland", sagte der Konzertmeister. Sie könnten alle gut davon leben, meinten die rund 40 anwesenden Musiker unisono.

Einen Vergleich zu westeuropäischen Gagen wollten sie jedoch nicht anstellen. Die Musiker würden, wenn sie in Erl sind, einen Tagsatz von 50 bis 70 Euro bekommen, außerdem werde ihnen Kost, Logis und die Reisekosten bezahlt, hieß es seitens der Festspiele. Zusätzlich bekomme das gesamte Orchester 15.000 Euro netto pro Monat.

Auch die Vorwürfe, dass Maestro Kuhn bei den Proben einen ruppigen Umgangston pflege und beleidigend sei, wollten die Musiker so nicht stehen lassen. "Gustav Kuhn hat eine enorme Energie. Es kann schon mal vorkommen, dass er während der Proben etwas lauter wird, aber es müssen ihn ja auch alle hören", sagte Cellistin Volha Hranionava. Beleidigend sei er jedoch nie gewesen, und sexuelle Übergriffe habe es auch keine gegeben.

Zahlreiche Vorwürfe

Das Festival sieht sich derzeit unter anderem mit Vorwürfen von "modernem Sklaventum", Lohn- und Sozialdumping, Lohnwucher, Scheinselbstständigkeit und Korruption konfrontiert. Kuhn wurde neben sexueller Nötigung und Vergewaltigung auch eine einschüchternder Führungsstil vorgeworfen. Der Dirigent und Künstlerische Leiter selbst hatte zuletzt von "unhaltbaren Anschuldigungen" gesprochen.

Die Festspiele bekräftigten indes erneut, den Blogger Markus Wilhelm, der die Vorwürfe auf seiner Homepage veröffentlicht hatte, eingeladen zu haben, Einsicht in die Verträge zu nehmen. Wilhelm sei persönlich per Telefon von Kuhn eingeladen worden, hieß es seitens der Festspiele. Der Blogger selbst bestritt jedoch in einem E-Mail an die Medien, jemals eine Einladung erhalten zu haben. (APA, 19.3.2018)