Herbert Kickl will von Putsch, Intrigen und Machtkämpfen nichts wissen.

christian fischer

Mit der Hausdurchsuchung beim BVT habe das Innenressort von Herbert Kickl "maximale Einschüchterung der Beamten" erreichen wollen, glaubt SPÖ-Chef Christian Kern.

christian fischer

Wolfgang Sobotka schwante schon das Schlimmste. Der Verfassungsschutz sei ein äußerst sensibles Thema, darum ersuche er die Abgeordneten, sich mit der "gebotenen Sachlichkeit" zu äußern, so das Plädoyer des Nationalratspräsidenten zu Beginn der Sondersitzung zur Causa BVT. Die SPÖ hatte am Montag in einer Dringlichen Anfrage gleich 40 Fragen über die "Besorgniserregenden Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung" an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eingebracht.

Die pure Sachlichkeit brachte die Sitzung dann aber nicht, teilweise wurde es laut und emotional, und auch wenn die SPÖ offiziell erst am Dienstag über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses entscheiden will, wurde rasch auch klar, entlang welcher Fronten dieser dann wohl verlaufen wird.

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"Salamitaktik"

Die SPÖ mit Parteichef Christian Kern sieht in der Art und Weise, wie es zu Hausdurchsuchungen beim BVT kam, eine "nachhaltige Schädigung des Sicherheitsapparates". Zur Erinnerung noch einmal die Vorgeschichte: Am 28. Februar kam es im BVT zu einer Hausdurchsuchung. Fünf Personen, darunter dem mittlerweile suspendierten Behördenleiter Peter Gridling, wird Amtsmissbrauch vorgeworfen. Es geht einerseits darum, dass Anordnungen zur Löschung von Daten nicht erfüllt worden sein sollen, und andererseits um nordkoreanische Passrohlinge, die von BVT-Beamten an Südkorea übergeben wurden.

Da der Öffentlichkeit zunächst teilweise widersprüchliche Informationen bekanntgegeben wurden, sprach Kern von einer "Salamitaktik". Hinter der Hausdurchsuchung – zuletzt hatte sogar der Generalsekretär des Justizressorts deponiert, dass man wohl auch zu gelinderen Mitteln hätte greifen können – vermutet Kern: "Man wollte maximales Aufsehen und eine maximale Einschüchterung der Beamten erreichen." Scharf kritisiert wurde vom Exkanzler auch der Leiter der Einsatztruppe gegen Straßenkriminalität (EGS).

"Rassistische Hetze"

Diese Einheit, die vom FPÖ-Gemeindepolitiker Wolfgang Preiszler geleitet wird, führte die Razzia im BVT und in Privatwohnungen von Beschuldigten im Auftrag der Staatsanwaltschaft durch. Preiszler ist aber, wie berichtet, auch dafür bekannt, auf Facebook mitunter rassistische Inhalte zu teilen. "Da dreht es einem den Magen um. Das ist antisemitischer Mist, rassistische Hetze", kommentierte Kern die Preiszler'schen Socia-Media-Aktivitäten.

Kickl ließ sich von all dem nicht beeindrucken. Auf der Regierungsbank – Kanzler Sebastian Kurz ließ sich nicht blicken – holte er zu einem Rundumschlag aus. "Putsch, Intrigen, Machtkampf, Umfärbung – nicht ein Begriff trifft auf den Sachverhalt zu. Die Skandalisierung eines gesetzmäßigen Vorganges, das ist der Skandal, mit dem wir es zu tun haben", lautet seine Interpretation der BVT-Affäre. Der Rechtsstaat sei auf "Punkt und Beistrich" eingehalten worden.

Kern verbreite "Verschwörungstheorien" und betreibe ein "linkes Spiel" und füge jenen Beamten, die nur ihre Aufgaben gewissenhaft erledigen würden, Schaden zu. Jene, die einen Beitrag zur Aufklärung von möglichen Straftaten leisteten, "werden hingestellt, als ob sie die Täter wären", sagte der blaue Innenminister.

"Von Goldgruber informiert"

Die Beantwortung der 40 Fragen förderte dann kaum neue Details zutage. Kickl räumte – wie zuletzt schon im Bundesrat – ein, dass sein Generalsekretär Peter Goldgruber und ein Kabinettsmitarbeiter bei der Einsatzbesprechung vor der Hausdurchsuchung dabei gewesen seien. "Ich wurde von diesem Schritt von Goldgruber informiert."

Neuerlich waren auch die Aussagen jener vier Belastungszeugen Thema, die laut Justiz Hauptgrund für die Razzia waren. Wie berichtet, wurden zwei der vier Personen von Kickls Mitarbeiter Udo Lett zur Staatsanwaltschaft begleitet. "Das ergab sich unmittelbar vor der Einvernahme", erklärte Kickl. Einen Auftrag von ihm, diese zu begleiten, habe es nicht gegeben, auch gebe es "kein Naheverhältnis" zwischen Lett und den Zeugen.

Die Suspendierung Gridlings stellte der Minister neuerlich als alternativlos dar. Das sehe das Beamtendienstrecht im Falle von strafrechtlichen Ermittlungen so vor. Warum das vom Bundespräsidenten bereits unterschriebene Bestellungsdekret Gridlings wochenlang liegen gelassen wurde, führte Kickl nicht konkret aus. Er verwies lediglich darauf, dass das Dokument zunächst beim (mittlerweile aus dem Dienst geschiedenen) Sektionschef Michael Kloibmüller gelegen sei und die Suspendierung dann "nach dienstrechtlicher Prüfung" erfolgt sei.

ÖVP will mitarbeiten

Die Fraktionen sind nun offenbar schon ganz auf einen U-Ausschuss eingestellt. ÖVP-Mandatar Werner Amon verwies darauf, es sei doch "SPÖ-Anwalt" Gabriel Lansky gewesen, der den vermeintlichen BVT-Datenmissbrauch gemeldet habe. Sollte es zu einem U-Ausschuss kommen, werde man natürlich "intensiv mitarbeiten". Und, so Amon in Richtung Kern: "Die politische Verantwortung, die weit in Ihre Partei hineinreicht, die wäre dann zu untersuchen."

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Neos-Parteichef Matthias Strolz ist zwar ebenfalls für einen U-Ausschuss, ließ aber bereits Kritik an der von der SPÖ ventilierten Absicht, diesen ohne die anderen Oppositionsparteien einzusetzen, durchklingen. Offenbar wolle die SPÖ die Kontrolle über den Ausschuss nicht aus der Hand geben.

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Die Liste Pilz wiederum griff gleich zum härtesten aller oppositionellen Mittel, einem Misstrauensantrag gegen Kickl, der naturgemäß von ÖVP und FPÖ abgelehnt wurde. Gleichzeitig wurde der Innenminister bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, wie Klubobmann Peter Kolba via Twitter mitteilte.

Einbringen will sich auch wieder Parteigründer Peter Pilz. Er kündigte für Dienstag eine Pressekonferenz und "neue Fakten" an.

Am Montag war seine Fraktion noch an einer gemeinsamen Dringlichen mit der SPÖ gescheitert. Die Abgeordnete Alma Zadic kam zu spät zur Unterzeichnung. Liste Pilz-Klubchef Peter Kolba kontert allerdings: "Unsere Abgeordneten waren selbstverständlich bei Beginn des Plenums anwesend. Es wäre daher eine gemeinsame dringliche Anfrage durchaus möglich gewesen." Aber: "Die SPÖ hat sich offenbar entschlossen sowohl die dringliche Anfrage als auch die Einsetzung eines U-Ausschusses alleine zu beantragen."

(Günther Oswald, Video: Katrin Burgstaller, 19.3.2018)