Bei konservativ orientierten Menschen mag die gestellte Frage Kopfschütteln hervorrufen – und in einer von Ängsten vor dem Neuen geprägten Gesellschaft wie der österreichischen kann sie die Verunsicherung bei so manchem weiter steigern. Trotzdem: Mit ihrem Beschluss, die Frage des dritten Geschlechts amtswegig zu prüfen, haben sich die heimischen Verfassungsrichter nach ihrem Entscheid, die Ehe für alle einzuführen, erneut an die Spitze einer Entwicklung gestellt, die dem Einzelnen das Recht auf Selbstbestimmung zubilligt – einer Entwicklung hin zu einer moderneren Gesellschaft.

Auf besagte Selbstbestimmung nämlich haben auch jene Menschen ein Recht, denen die eingefräste und doch so schlichte Dichotomie von Mann und Frau nicht gerecht wird: transsexuelle Personen etwa, die derzeit gezwungen sind, sich dem einen oder dem anderen anzupassen, in manchen europäischen Ländern sogar weiterhin um den Preis verstümmelnder Operationen.

Sie verlangen eine Änderung; ein eigenes, drittes Geschlecht – und stellen der Gesellschaft damit weiterführende Fragen. Etwa jene, wie sie es mit dem Begriff "Gender" hält, der "Mann" und "Frau" nicht als naturgegebene Kategorien, sondern als sozial bestimmte Begriffe darstellt. Bei den derzeit höchst erfolgreichen neuen Rechten steht der Kampf gegen jede Art von Gendern ganz weit oben. Somit ist höchst unklar, wie diese Auseinandersetzung ausgeht. (Irene Brickner, 19.3.2018)