Robert Langlands 1967 formuliertes Programm beschäftigt bis heute viele Mathematiker und trug ihm nun den Abelpreis ein.

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Oslo – Warum es keinen Nobelpreis für Mathematik gibt, ist Gegenstand vieler Legenden. Eine ist ganz sicher falsch: jene nämlich, die behauptet, dass Alfred Nobels Frau eine Affäre mit einem Mathematiker hatte. Der Erfinder des Dynamits und Stifter des wichtigsten Wissenschaftspreises der Welt blieb nämlich zeitlebens Junggeselle.

Für große Mathematiker gibt es gewissermaßen zwei Ersatzpreise: Erstens die Fields-Medaille, die aber eine Altersgrenze von maximal 40 Jahren hat, und zweitens den norwegischen Abelpreis. Diese Auszeichnung ist nach dem norwegischen Mathematiker Niels Hendrik Abel benannt, und zu den bisherigen Preisträgern gehören einige der größten lebenden Vertreter des Fachs wie Andrew J. Wiles (Uni Oxford), der Fermats letztes Theorem bewiesen hat oder der Spieltheoretiker John F. Nash Jr., dessen Leben im Film "A Beautiful Mind" porträtiert wurde.

Preis für "visionäres Programm"

Wie am Dienstag bekannt wurde, geht der Abel-Preis in diesem Jahr an den kanadischen Mathematiker Robert Langlands. Der 81-Jährige wird für "sein visionäres Programm" geehrt, das die Zahlentheorie und die Darstellungstheorie von Gruppen miteinander verknüpfe, teilte die norwegische Wissenschaftsakademie mit.

Mit dieser Theorie habe der Emeritus-Professor der Universität Princeton eine ganz neue Art geschaffen, Mathematik zu denken. Die Einsichten, die Langlands bereits als 30-Jähriger hatte, seien "radikal" gewesen und hätten Forschungsprojekte angestoßen, an denen sich Hunderte der weltbesten Mathematiker beteiligt hätten. "Kein anderes Projekt der modernen Mathematik hatte ein so großes Zielgebiet, hat so viele profunde Ergebnisse gebracht und so viele Menschen beschäftigt", erklärte die Jury.

"Er ist ein Visionär"

Tatsächlich legte der kanadische Mathematiker im Jahr 1967 ein umfassendes Programm vor, um eine "große vereinheitlichte Theorie" anzugehen, die verschiedene Bereiche der Mathematik miteinander verbinden sollte. Er tat dies in Form eines 17-seitigen, zunächst nur handgeschriebenen Texts, der unter Mathematikern zirkulierte, schnell mathematische Furore machte und sich im letzten halben Jahrhundert als fruchtbarer Boden für mathematische Fortschritte erwies.

"Er ist ein Visionär", sagte Sun-Yung Alice Chang, Mathematikerin an der Princeton University, die dem fünfköpfigen Preiskomitee angehörte. Langlands erhielt zwar nie die Fields-Medaille, doch die Arbeiten etlicher Fields-Medaillengewinner (wie auch von Andrew Wiles) gehen auf Langlands Programm zurück.

Doch kein Verrat am Talent

In einem Interview im Jahr 2010 erinnerte sich Langlands daran, dass er, obwohl er eine Klasse übersprang, eigentlich gar nicht studieren wollte. Doch dann habe ihm einer seiner Lehrer in Anwesenheit aller anderen Schüler erklärt, dass es ein Verrat an gottgegebenen Talenten wäre, wenn er keine Universität besuchen würde. Also begann er im Alter von 16 Jahren mit einem Studium an der Universität von British Columbia, später wechselte er als Professor nach Princeton, um dort sein Programm zu verfolgen.

Den Preis soll Langlands am 22. Mai bei einer Feier in Oslo aus den Händen des norwegischen Königs Harald V. entgegennehmen. Die Auszeichnung, die seit 2003 für "Beiträge von außerordentlicher Tiefe und Einfluss auf die mathematischen Wissenschaften" verliehen wird, ist mit sechs Millionen norwegischen Kronen (rund 623.000 Euro) dotiert. (tasch/APA, 20.3.2018)