Wien – Ins Leben gerufen ward der Cayenne weiland, 2002, als Instrument, die modellzyklischen Schwankungen bei den Sportwagen auszugleichen. Inzwischen dominieren die beiden SUVs – seit 2014 steht dem Cayenne mit dem Macan ein kleinerer Bruder zur Seite – den Porsche-Absatz, was im ganzheitlichen Bild kaum verwundert: 2017 war jedes dritte verkaufte Auto auf dieser Welt ein SUV oder SUV-Artiger.

Frost trifft Forst: Für den Ausritt in die asphaltfreie Zone aktiviere man den Geländemodus, für den Schöckl- oder Rubicon-Trail-Trip erwerbe man eine G-Klasse. Nein, im Ernst: Geländewagen will der Cayenne auch in dritter Generation keiner sein, er brilliert auf der Straße – und überzeugt auch durch praktisches Talent.
Foto: Andreas Stockinger

Porsche ist übrigens das Kunststück geglückt, die Markenwerte plausibel auf die Hochbaufraktion zu transferieren. Mit fahrdynamischem Potenzial, das man kaum für möglich hielte. Immer in Bewegung bleiben als Bewusstseinsakt: Niemand beherrscht das besser als die Zuffenhausener Sportwagenschmiede, die heuer ihr 70-jähriges Bestandsjubiläum feiert.

"Typisch Porsche" gilt auch für den Innenraum.
Foto: Andreas Stockinger

Dabei muss es einem gar nicht einmal die Bandscheiben in Unordnung bringen, wie die jüngste Cayenne-Generation eindrucksvoll demonstriert. Bereits der Panamera hatte zur Neuauflage diese fantastische adaptive Dreikammer-Luftfederung spendiert bekommen. Adaptiert auf die längs- und querdynamischen Herausforderungen des 1,70 Meter hohen Zweitonners verleiht sie nun auch diesem eine enorm spreizbare Fahrwerkscharakteristik, von Schweben bis Rüttelplatte ist alles abrufbar. Hat man zudem noch die Hinterachslenkung geordert, macht das den Cayenne derart agil – knapp zwölf Meter Wendekreis -, dass man sich mitunter dran erinnern muss, dass man in einem 4,92-Mal-1,98-Meter-Mobil sitzt.

Auf Wunsch lenkt auch die Hinterachse mit.
Foto: Andreas Stockinger

Innen drin brilliert der SUV mit gediegenem Ambiente, alles andere wär' auch 'ne Schand' für den König (Martin Buber, Chassidische Geschichten); nein, schmähohne: wäre eine Schande bei dem Preis. Auf knapp 163.000 € nämlich läpperte sich der Testwagen mit allen Extras, na bumm. Die Rede ist vom Cayenne S, was wiederum bedeutet: 2,9-Liter-V6-Biturbo und 440 PS. Mit 8-Gang-Wandlerautomatik. Müsste man Kritik auf höchstem Niveau üben, dann vielleicht dies, dass das Getriebe hier und da die eine oder andere Zehntelsekunde flotter zupacken könnte.

Vier Rohre, a g'führiger Schnee, juchee.
Foto: Andreas Stockinger

Unnötig zu erwähnen, dass man mit der Maschine bestens motorisiert ist, unnötig zu erwähnen, dass einen 12,4 l / 100 km Testverbrauch nicht überraschen. Nötig zu erwähnen hingegen, dass bei all diesem Theater um den Diesel (Porsche denkt über einen Ausstieg nach) dieser beim Cayenne in Sachen Sparsamkeit nach wie vor erste Wahl ist, mit SCR-Kat, dieseluntypischem Sound und gigantischer Reichweite dank geringem Verbrauch. Gibt's für den neuen Cayenne aber noch nicht, kommt erst 2019. Früher dran ist mit Sicherheit der Plug-in-Hybrid (ab Juni), aber der konsumiert halt im Realbetrieb auch ordentlich.

Das Mäusekino des schnellen SUV.
Foto: Andreas Stockinger

Ein Wort noch zum Bedienkonzept. Porsche steigt da ja nun auch auf das branchenüblich werdende Touch-Konzept um. Der Panamera war der Erstling, jetzt folgt der Cayenne. Und siehe da: Man kann das also doch praktikabel hinkriegen. Mit knisternder akustischer Rückmeldung und einer haptischen. Erstes System dieser Art, das nicht sträflich ablenkt vom Verkehrsgeschehen. Kompliment. (Andreas Stockinger, 21.3.2018)

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