Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2
Warhammer: Vermintide 2

Die australische Satireseite Point & Clickbait hat gemeinen Spott für die Franchise-Politik des britischen Games-Workshop-Imperiums übrig: So ziemlich jedem würden Lizenzen für Videospiele im hochpopulären Warhammer-Universum nachgeworfen – sogar einer Taube, die sich zufällig über Nacht ins Hauptquartier verflogen hätte. Tatsächlich ist es nicht so einfach, den Überblick über all die in den letzten Jahren veröffentlichten Spiele im Warhammer- oder Warhammer-40K-Universum zu behalten – und auch deren Qualität schwankte.

"Warhammer: End Times – Vermintide" lautete 2015 der etwas sperrige Titel des Multiplayer-Ablegers aus dem Dark-Fantasy-Universum, entwickelt vom schwedischen Indie-Studio Fat Shark. Nun ist der zweite Teil erschienen, der nur mehr "Warhammer: Vermintide II" (Windows, 27,99€, Xbox One, PS4 in Vorbereitung) heißt und sich durchaus zu den gelungenen Ausflügen in die düstere Fantasy-Welt zählen darf. Und zu den erfolgreicheren: Knapp 600.000 Mal hat sich das Spiel seit seiner Veröffentlichung Anfang März bereits verkauft.

Gegen Ratten und Dämonen

Dieser Erfolg hat zweifellos etwas mit der Abwesenheit einer anderen Franchise zu tun: Weil Valve seit 2009 keinen würdigen Nachfolger seines Koop-Shooters "Left 4 Dead 2" auf den Markt gebracht hat, ist der Thron des Koop-Multiplayer-Primus, in dem zu viert gegen raue Mengen von Monstern losgezogen werden kann, traurig verwaist. "Vermintide II" schafft es, mit Detailverbesserungen, vor allem aber beeindruckender Vergrößerung im Vergleich zum Vorgänger diese Lücke souverän zu füllen.

Dabei kann bei weitem nicht von schnöder Kopie des Klassikers die Rede sein: Statt Zombie-Apokalypse droht der Weltuntergang wegen Unmengen von Rattenmonstern und Dämonen, und die jeweils vier Warhammer-typisch düsteren Helden setzen sich großteils mit Nahkampfwaffen wie Schwertern und Äxten statt mit Feuerwaffen zur Wehr; die verfügbaren Fernwaffen wie Armbrüste, Bögen und Magie wollen wohlüberlegt eingesetzt sein.

Im Unterschied zu "Left 4 Dead" bietet das Fantasy-Gemetzel die Auswahl zwischen fünf stark unterschiedlichen Heldenklassen, die sich in Funktion, Bewaffnung und Spielweise unterscheiden; ohne Teamplay geht allerdings jedem von ihnen schon schnell die Luft aus. Kooperation ist überlebenswichtig, und das nicht nur beim Befreien, Wiederbeleben und Heilen, sondern vor allem im Kampf gegen die teils riesigen Monster, die uns in den einzelnen Missionen entgegengeworfen werden.

Spektakulär und blutig

Was sofort ins Auge fällt, ist die spektakuläre Größe und Offenheit dieser Missionsareale: Sowohl die Städte als auch Wälder, Höhlen und Felder erwecken den Eindruck monumentaler Größe, statt nur lineare Schläuche auf dem Weg zur nächsten Arena zu sein. In Sachen Präsentation beeindruckt "Vermintide II" weitaus mehr als der manchmal etwas klaustrophobische Vorgänger. Atmosphärische Lichteffekte und gewaltige Architekturen, aber auch stimmungsvolle Naturschauplätze lassen in ruhigen Momenten ganz vergessen, dass das nächste Blutbad meist nur wenige Momente entfernt ist.

Doch es kommt bestimmt: Durch den Fokus auf Nahkampf kommt das recht brachial und blutig inszenierte Gemetzel im Handgemenge ganz nah an die Spielerinnen und Spieler heran. Vor allem nach den völlig überraschend ausbrechenden Rushes, in denen sich Schwärme von Gegnern auf das Team stürzen, watet man in Blut und abgetrennten Gliedmaßen – in Sachen Splatter übertrifft "Vermintide II" die meisten anderen Spiele. Es ist den unterschiedlichen Hauptfiguren überlassen, hier mit charakteristischen Wortspenden und Onelinern zumindest etwas zynischen Humor und Sarkasmus zur Auflockerung einzustreuen; die ikonische Qualität der Figuren von "Left 4 Dead" erreichen die Warhammer-Protagonisten aber ebensowenig wie deren Charme.

Loot und Unlocks ja – Mikrotransaktionen nein

Dass das unbestreitbare Gameplay-Vorbild und unvergessene Kultspiel "Left 4 Dead" schon vor einem Jahrzehnt auf den Markt kam, zeigt sich bei Wiederbesuch vor allem im völligen Fehlen eines Spielelements, ohne das heute kein Multiplayer-Titel mehr auskommt – auch "Vermintide II" nicht. Wie inzwischen absolut üblich gibt es auch hier, im Hub zwischen den Missionen, ein weit gefächertes System von Unlocks, Ausrüstungsgegenständen in Loot-Kisten und Charakter-Upgrades.

Das Wichtigste zuerst: "Vermintide II" nutzt dieses System im Unterschied zu anderen Spielen nicht dafür, um den Spielern per Mikrotransaktion noch Geld aus der Tasche zu locken. Stattdessen lassen sich bessere Waffen oder kosmetische Items ebenso wie Erfahrungspunkte und die restlichen Maps ausschließlich erspielen – hin und wieder kommt dafür bei wiederholt wegen zu schwacher Bewaffnung scheiternder Missionen ein Hauch von Groll über den damit einhergehenden Zwang zum Grind auf.

"Warhammer: Vermintide II" im Trailer.
Fatshark

Fazit

Groß, blutig und spektakulär: "Vermintide II" schafft es, aus dem Schatten seines unverhohlenen Vorbilds "Left 4 Dead" zu treten und mit genug Eigenständigkeit und vor allem spielmechanischen Zusatzangeboten ein zeitgemäßes Koop-Erlebnis zu schaffen. Das wüsste auch ohne Warhammer-Lackierung zu überzeugen und wird durchaus nicht nur Fans des Dark-Fantasy-Universums erfreuen.

Wie bei allen Multiplayer-Titeln gilt selbstverständlich, dass nicht nur Einzelspieler, sondern auch all jene, die sich ohne Freunde ins Spiel mit Unbekannten wagen, unter Umständen weniger Spaß am Spiel haben werden. Zwar lassen sich auch Bots als Mitstreiter aktivieren und auch der in anderen Multiplayer-Titeln toxische Umgang miteinander ist wegen des Kooperationsprinzips etwas weiger dramatisch, doch am meisten Spaß hat man – wie immer – mit bekannten, menschlichen Mitstreitern.

Schade nur, dass man sich ausschließlich auf Seite der "Guten" in die Schlacht stürzen darf – so etwas wie den asymmetrischen "Versus"-Modus, in dem "Left 4 Dead"-Spieler auch als Monster gegen Überlebende antreten durften, gibt es bislang in "Vermintide" nicht. Abgesehen davon ist "Warhammer : Vermintide II" ein ebenso spektakulärer wie gelungener moderner Nachkomme eines Multiplayer-Kultklassikers. (Rainer Sigl, 23.3.2018)