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Sawtschenko am Donnerstag auf dem Weg ins Parlament.

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Vor ihrer Anhörung zeigte Sawtschenko den Orden, den ihr Präsident Poroschenko verleihen hatte.

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Ihr resolutes Auftreten vor dem russischen Gericht brachte der Soldatin Respekt ein.

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Kiew – Die ukrainische Hubschraubernavigatorin Nadja Sawtschenko hat sich seit ihrer Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft im Mai 2016 mit dem Establishment in Kiew angelegt und muss dafür vielleicht einen hohen Preis bezahlen: Generalstaatsanwalt Juri Luzenko wirft der 36-Jährigen vor, sich mit ostukrainischen Rebellenführern verschworen zu haben, das Parlament in Kiew mit Mörsern zu beschießen, Handgranaten ins Plenum zu werfen und Abgeordnete mit automatischen Waffen niederzuschießen.

Am Donnerstag wurde ihre Immunität als Abgeordnete vom Parlament aufgehoben, 291 von 346 Abgeordneten stimmten dafür. Agenten des ukrainischen Geheimdiensts SBU führten sie ab. Am Freitag wurde bekannt, dass sie für zwei Monate in Untersuchungshaft muss. "Bis zum Treffen in Freiheit!", verabschiedete sich die Ex-Soldatin örtlichen Medien zufolge von Unterstützern im Gerichtssaal in Kiew. Das Gericht schloss eine Freilassung auf Kaution aus. Die Verteidigung kann Rechtsmittel einlegen.

Die Soldatin hatte es zu internationalem Ruhm gebracht, weil sie 2014 bei Kämpfen gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine in Gefangenschaft geraten war. Ein russisches Gericht verurteilte sie wegen Beihilfe zum Mord an zwei Journalisten zu 22 Jahren Haft. Im Mai 2016 wurde sie begnadigt und gegen zwei im Kriegsgebiet festgenommene Russen ausgetauscht.

Heimflug in der Präsidentenmaschine

Präsident Petro Poroschenko ließ sie mit einer Regierungmaschine abholen, sie nahm den seit 2014 für sie freigehaltenen Sitz im Parlament ein, beschimpfte allerdings gleich in ihrer Antrittsrede die anderen Abgeordneten als "faule Schulkinder".

Mitte März beschuldigte sie vor versammelter Presse Parlamentspräsident Andri Parubi, er habe Scharfschützen das Feuer auf friedliche Demonstranten auf dem Maidan-Platz eröffnen lassen, um nur Stunden später ihre Aussage zurückzuziehen: Gemeint sei der Abgeordnete Serhi Paschinski gewesen.

Dann reiste Sawtschenko nach Straßburg, wo sie eigenen Angaben zufolge über Korruption in der ukrainischen Regierung berichtete, kam aber pünktlich zur Parlamentssitzung zurück nach Kiew. In ihrer Anhörung bestritt sie die Vorwürfe, die mit einem mit versteckter Kamera aufgenommenem Video untermauert wurden, nicht: Sie habe gewusst, dass sie abgehört werde, die Aussagen seien als "surrealistische politische Provokation" zu sehen.

112 Украина

Als zu hören war, wie sie mit anderen Verschwörern diskutiert, wo sich normalerweise die Sicherheitskontrollen im Parlament befinden und wo Handgranaten den größten Schaden anrichten könnten, kicherte sie. Zuvor hatte sie erklärt, das Parlamentsgebäude sei viel zu stabil gebaut, um mit Handgranaten zum Einsturz gebracht zu werden: "Da fällt höchstens ein bisschen Glas herunter."

Dollfuß-Vergleich

Generalstaatsanwalt Luzenko bemühte am Donnerstag in seiner Argumentation auch die österreichische Geschichte und verglich Sawtschenkos mutmaßliche Pläne mit dem gescheiterten Juliputsch von 1934. 130 Vertreter von Nazi-Spezialeinheiten hätten damals das österreichische Regierungsviertel erobert, auf den Bundeskanzler (Engelbert Dollfuß, Anm.) geschossen und ihm medizinische Hilfe versagt, solange er nicht die Kapitulation und die Angliederung Österreichs an NS-Deutschland unterschreibe, erzählt Luzenko. "Er machte das jedoch nicht und erlag an seinen Verletzungen", erklärte der ukrainische Chefankläger

Ihre ehemalige Partei, die Allukrainische Vereinigung "Vaterland" unter Julia Timoschenko, ist auf Distanz zu Sawtschenko gegangen: Die resolute Ex-Soldatin soll die Chancen der Parteichefin bei der für 2019 angesetzten Präsidentschaftswahl nicht gefährden. (bed, APA, 22.3.2018)