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Doğan, die größte Mediengruppe der Türkei, wechselt unter die Kontrolle eines regierungsnahen Unternehmers.

Foto: Reuters/Yagiz Karahan

Ankara/Berlin – Die größte Mediengruppe der Türkei wechselt unter die Kontrolle eines regierungsnahen Unternehmers: Wie der Doğan-Konzern in der Nacht auf Donnerstag mitteilte, laufen Gespräche über den Verkauf an die Demirören-Holding. Zum Doğan-Konzern gehören die auflagenstarke Zeitung "Hürriyet" und der einflussreiche Nachrichtensender CNN-Türk, die zu den letzten halbwegs unabhängigen Medien zählen.

Journalisten reagierten alarmiert auf den geplanten Verkauf. Das Verhältnis der Doğan-Mediengruppe zur regierenden Partei für Entwicklung und Gerechtigkeit (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdoğan war bisher oft von Spannungen geprägt. Die Behörden verhängten 2009 gegen den Konzern eine Strafe in Milliardenhöhe wegen Steuervergehen. Kritiker warfen damals der Regierung vor, Doğan wegen seiner kritischen Berichterstattung zu bestrafen.

Die Demirören-Gruppe kaufte 2011 bereits die Tageszeitungen "Milliyet" und "Vatan" von Doğan, die seitdem auf einen regierungsfreundlichen Kurs einschwenkten. Der Konzern gehört Erdoğan Demirören, der für seine Nähe zu Präsident Erdoğan bekannt ist. Dem 79-Jährigen, der laut "Forbes" ein Vermögen von 850 Millionen Dollar besitzt, gehören auch Unternehmen im Bau-, Energie- und Immobiliensektor.

Unter der Kontrolle Erdoğans

Türkische Journalisten kritisierten die Kaufpläne: "Mit dieser riesigen Übernahme (...) kommt die türkische Massenmedien-Industrie unter die direkte politische Kontrolle von Präsident Erdoğan", schrieb der Kolumnist Kadri Gürsel auf Twitter. Damit sei der Prozess der Medienkonzentration nach dem Modell von Russlands Präsident Wladimir Putin abgeschlossen.

Auch ein prominenter Journalist der Doğan-Mediengruppe warnte, die Presse werde nun noch stärker unter Kontrolle der Regierung geraten. "Mit dieser Übernahme sind nun rund 90 Prozent der türkischen Medien weitgehend unter Regierungskontrolle", sagte der Journalist, der nicht genannt werden wollte. Damit nähmen der Pluralismus in den Medien und die Toleranz für abweichende Meinungen noch weiter ab.

Onlinemedien unter Kontrolle

Die türkische Regierung hat auch noch ihre Kontrolle über die Online-Medien verschärft. Das Parlament verabschiedete am Mittwochabend mit den Stimmen der regierenden AKP ein Gesetz, das der Medienaufsicht RTÜK das Recht gibt, audiovisuelle Online-Angebote zu sperren, wenn sie gegen Gesetze verstoßen. Zudem müssen türkische und internationale Online-Medien künftig eine Lizenz bei der RTÜK beantragen, um Ton- und Bildbeiträge verbreiten zu dürfen.

Große Konzerne als Eigentümer

Außer "Hürriyet" und deren englischer Ausgabe "Hürriyet Daily News" zählen zur Doğan-Mediengruppe auch die Zeitung "Posta", das Sportblatt "Fanatik" und der Fernsehsender Kanal-D. In der Türkei gehören die Medien mit Ausnahme weniger Zeitungen wie "Cumhuriyet", "Evrensel" und "Birgün" großen Wirtschaftskonzernen, was sie aus Sicht von Kritikern anfällig für Druck durch die Regierung macht.

Berichten zufolge erwägt der bisherige Doğan-Eigentümer Aydin Doğan schon länger einen Rückzug aus dem wenig ertragreichen und politisch brisanten Mediengeschäft. Laut der Mitteilung soll Demirören rund eine Milliarde Dollar (810 Millionen Euro) zahlen. Der Ökonom Mustafa Sönmez stellte infrage, dass Demirören selbst das Geld für den Kauf besitzt, und spekulierte, die Übernahme sei eine "Operation des Präsidentenpalasts".

Springer zieht sich zurück

An der Doğan-TV-Holding ist seit 2007 auch Axel Springer beteiligt. Laut dem Konzern hält er noch sieben Prozent, nachdem er seine Beteiligung in den vergangenen Jahren schrittweise zurückgefahren hatte. Es gebe schon länger die Absicht und entsprechende Vereinbarungen, sich aus dem türkischen Konzern zurückzuziehen, erklärte ein Sprecher. Mit dem angekündigten Verkauf an Demirören habe das nichts zu tun.

International herrscht schon lange große Sorge um die Pressefreiheit in der Türkei. Seit dem Putschversuch vom Juli 2016 wurden rund hundert Journalisten unter dem Vorwurf der Verbindung zu Terrororganisationen festgenommen und mehr als 150 Medien geschlossen. Tausende Journalisten verloren dadurch ihren Job. (APA, AFP, 22.3.2018)