Abschied von roter Größe im ORF: Casinos-Vorstand und SPÖ-Vertreter Dietmar Hoscher leitete am Donnerstag zum letzten Mal das wichtigste ORF-Gremium.

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FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger (links) und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.

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Wien – "So mutig" hat der blaue Stiftungsrat Norbert Steger den ORF-General noch selten erlebt: Kommende Woche schreibt Alexander Wrabetz die neuen Channel-Manager, Chefredakteure und Programmchefs für ORF 1 und ORF 2 aus. Am Freitag dürfte er die Organisationsanweisung über die neue Struktur intern ausschicken – sie finden Sie schon heute im Wortlaut hier auf derStandard.at/Etat.

All das, obwohl der Betriebsrat die vorgesehene Struktur unter neuen Chefs ablehnt. Der Betriebsrat ist nur zu hören.

Steger überlegt deshalb schon, T-Shirts mit "Super-Alex" drucken zu lassen, scherzt er Donnerstag. Da tagt der Stiftungsrat des ORF zum letzten Mal unter der Leitung des Sozialdemokraten Dietmar Hoscher, Vorstand der Casinos Austria. "Einen besseren Vorsitzenden kann der ORF nicht kriegen", dankt Steger. Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler soll das ab Mai neu zusammengesetzte Gremium führen, dann mit türkis-blauer Zweidrittelmehrheit (Update: Freitag schrieb das Kanzleramt die neuen Publikumsräte aus, der nächste Schritt zu zwei Dritteln ÖVP/FPÖ im ORF)

Dennoch könnte beim großen Führungswechseln im ORF-Fernsehen und seiner Information ein Sozialdemokrat zum Zug kommen. Auch dafür könnte Alexander Wrabetz "Mut" brauchen – gegenüber der Belegschaft.

"Politikerverarschung"

Wenn etwa die FPÖ Anchor Armin Wolf, Redakteurssprecher Dieter Bornemann und vielen Redakteurinnen und Redakteuren eine besondere Freude machen will, könnte sie auf eine alte SPÖ-Idee zurückgreifen: Roland Brunhofer. Er galt schon bis zum Regierungswechsel 2017 als fixer Channel-Manager für ORF 2.

Bei seiner Abschiedsrede als ORF-Landesdirektor in Salzburg sagte er Ende 2016: "Es kann nicht sein, dass wir frühmorgens mit einer Politikerverarschung beginnen und spätabends in einem politischen Verhör enden." Das verstand nicht nur Redakteurssprecher Bornemann als ORF-Kritik. Brunhofer erklärte das später als "Systemanalyse zur Entwicklung in Europa und der ganzen Welt".

Brunhofer widmet sich seither Sparprojekten im ORF, andererseits entwickelte er nach Guten Morgen Österreich Daheim in Österreich für den Vorabend. Er definierte sich als Sozialdemokrat.

Brunhofer will die Ausschreibung abwarten, und wie der Job konkret aussieht, bevor er über eine Bewerbung entscheidet, sagt er Donnerstag dem STANDARD.

Als Channel-Favoriten galten zuletzt Lisa Totzauer, sie leitet die ORF-1-Info, und Alexander Hofer (Guten Morgen, Seitenblicke); als Channel-Chefredakteure Wolfgang Geier und Matthias Schrom aus der ZiB -Innenpolitik.

Die ORF-Redakteure warnten zuletzt im Februar vor einer Teilung der Fernsehinformation, die "Reibungsverluste" und "Konfliktpotenzial" bringe. Die Pläne für die ORF-Information bedeuteten "politische Abhängigkeit und Erpressbarkeit" des ORF-Generals, der sich die TV-Information 2017 unterstellte.

"Muss Konsequenzen geben"

Den Stiftungsräten versprach Wrabetz Besserung nach einer Reihe von Fehlern und Pannen in der Berichterstattung vor allem über die FPÖ. Teil dieses verbesserten Qualitätsmanagements sind Social-Media-Richtlinien für ORF-Journalisten. Die fordert die ÖVP schon viele Jahre. FPÖ-Rat Steger reichen die Empfehlungen des Redakteursrats dafür nicht: "Es muss Konsequenzen für Verstöße geben", etwa eine Eintragung im Personalakt.

ORF-Chef Wrabetz hat keine neuen Sanktionen vor. Verstöße gegen ORF-Gesetz und Programmrichtlinien seien schon jetzt disziplinär relevant. Die Richtlinien sollen sich an seinen Anweisungen vor Wahlen orientieren (siehe pdf). Die besagen: Politische Zustimmung, Ablehnung, Wertung von Äußerungen, Sympathie, Antipathie, Kritik und "Polemik" in Social Media gegenüber Parteien und Politikern könnten Unabhängigkeit und Objektivität des ORF infrage stellen.

Steger indes sieht ORF-Journalisten in sozialen Medien auftreten, als verträten sie den ORF. Und: "Es steht ihnen nicht an, den Stiftungsrat zu bewerten. Sie sind nicht der Ethikrat des Stiftungsrats." Steger will noch vor einer Änderung des ORF-Gesetzes ein Kontrollgremium für den ORF-internen Ethikrat einsetzen. Dort entscheiden Vertreter von Redakteuren und Geschäftsführung, ob etwa Journalisten mit Auftritten bei parteinahen Veranstaltungen gegen Regeln für die Unabhängigkeit verstießen. Die "zweite Instanz" soll der Stiftungsrat auf Vorschlag des Generaldirektors beschicken, findet Steger. (fid, 22.3.2018)