Tschick, Tschick, Tschick und kein Ende – zumindest in Lokalen. Die Regierung ist trotz der Unterschriften von mehr als einer halben Million Österreicher unter ein Anti-Rauch-Volksbegehren beim Nichtraucherschutz zurückgerudert.

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Es ist vollbracht, die angekündigte Abschaffung der Abschaffung des Rauchens in Gastronomiebetrieben wurde erfolgreich umgesetzt, obwohl sich praktisch alle Argumente der Befürworter dieser kuriosen Volte in den letzten Wochen in Rauch aufgelöst haben.

Lachnummer Österreich

Die Abgeordneten, die für diese Entscheidung gestimmt haben, sind sich hoffentlich bewusst, dass das soeben beschlossene Tabakgesetz 2018 in einer Rangordnung der sinnlosesten und entbehrlichsten Gesetze Österreichs ganz weit oben steht. Im historischen Rückblick würde es auch zu einer der erfolgreichsten Lachnummern werden, wenn es nicht auch um Ernsteres als die Freiheit der Rücksichtslosen gehen würde.

Vielleicht ist es auch das erste Gesetz, das schon zum Zeitpunkt seines Beschlusses überholt und in der Praxis nicht mehr anwendbar ist. Dass das den Akteuren gänzlich egal ist, verwundert ein wenig, hat doch im Jahr 2015 eine Mehrzahl der Abgeordneten der ÖVP für das genaue Gegenteil – nämlich eine rauchfreie Gastronomie – gestimmt.

Ignorieren von Fakten

Das neue Gesetz ist in erstaunlichem Ausmaß vom beharrlichen Ignorieren allseits bekannter Fakten geprägt:

· Eine lufttechnische Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen ist nach neuesten Untersuchungen in nahezu keinem Mischlokal möglich – Tabakrauch ist in Nichtraucherbereichen in zum Teil hohen Konzentrationen nachzuweisen. Ein Nichtraucherbereich neben einem Raucherraum ist wie ein Pissbereich im Swimmingpool.

· Ein Umbau der Lokale in Richtung Rauchfreiheit im Nichtraucherbereich ist zwar technisch möglich, wäre aber mit unzumutbar hohen Investitionen verbunden.

Keine Umsatzeinbußen

· Nach den Erfahrungen zahlreicher anderer Länder Europas mit rauchfreier Gastronomie sind relevante Umsatzeinbußen nicht zu erwarten.

· Angestellte in der Gastronomie sind weder im Raucher- noch im Nichtraucherbereich vor Feinstaub und krebserzeugenden Stoffen aus dem Tabakrauch geschützt, hier besteht dringender Handlungsbedarf.

· Ohne das Gesetz wäre mit einer maßgeblichen Verringerung der vorzeitigen Todesfälle bei einigen hundert Menschen pro Jahr zu rechnen, davon viele Nichtraucher – ein umfassendes Rauchverbot in der Gastronomie wäre die wirksamste und effektivste "Medizin" seit langem gewesen.

· Eine wirksame Kontrolle der nun prolongierten, zum Teil gar nicht umsetzbaren Regelungen aus dem Jahr 2008 ist nach wie vor nicht vorgesehen, die gesetzlichen Bestimmungen werden daher flächendeckend nicht eingehalten.

Lautstarke Proteste

· Alle in der Regierungserklärung angekündigten Vorhaben – Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche zum Raucherbereich, Berliner Regelung und eine Abgabe pro Raucher-Verabreichungsplatz – haben sich in vorauseilendem Gehorsam einigen lauten Vertretern der Gastronomie gegenüber verflüchtigt.

· Man braucht nur eins und eins zusammenzählen, um zu erkennen, dass mittlerweile sogar eine satte Mehrheit der Lokalbesitzer ein umfassendes Rauchverbot in der Gastronomie ohne Hintertürchen befürworten. Nichtraucherlokale sind zu nahezu 100 Prozent dafür, und auch bei den Raucherlokalen neigt sich das Pendel zu einer klaren Lösung.

Österreich bleibt also vorerst der Aschenbecher Europas, die Verabschiedung eines der ersten Gesetze der neuen Regierung gleicht einer Zeitreise in das vorige Jahrhundert. Es wäre nicht Österreich, wenn ein bisschen auf die Erfahrungen anderer Länder geachtet worden wäre und weniger auf die entbehrlichen Einflüsterungen der letzten Mohikaner der Nikotinverehrung (© Alfred Dorfer) in der Wirtschaftskammer.

Es ist auch völlig unverständlich, dass trotz eindeutiger Warnungen auf einen Begutachtungsprozess verzichtet wurde. Wir freuen uns auf die schon jetzt abzusehende Aufhebung des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof. (Peter Tappler, 23.3.2018)