Brückl – Das Kärntner Görtschitztal ist nun, dreieinhalb Jahre nach dem HCB-Skandal, weitgehend frei von dem giftigen Hexachlorbenzol. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Umweltbundesamtes, die am Mittwoch präsentiert wurde. Es seien auch keine Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten – Sorgenkind bleibe allerdings die Deponie im Tal, auf der noch mit HCB verseuchter Blaukalk lagert.

Sämtliche verfügbare Monitoring-Ergebnisse zum Vorkommen von HCB im Görtschitztal seit dem Jahr 2014 wurden für die Untersuchung zusammengetragen, sagte Karl Kienzl, der stellvertretende Geschäftsführer des Umweltbundesamtes. "Das Jahr 2016 hat bereits gut ausgeschaut, wir haben aber sicherheitshalber noch die Daten des Jahres 2017 dazugenommen. Jetzt ist es eindeutig, dass es keine Schadstoffbelastung von HCB mehr im Görtschitztal gibt. Landwirtschaft ist in jeder Form möglich, das Tal ist sauber."

Keine Auswirkungen auf Gesundheit zu erwarten

Mit diesem Befund liefert die Untersuchung auch eine Einschätzung des Gesundheitsrisikos mit. Unter Berufung auf die Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) heißt es, dass bei einem kurzfristigen Verkehr von Lebensmitteln aus dem Görtschitztal keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten sei. Bei längerfristigem, aber auch mittelfristigem Konsum heißt es, dass zwar keine Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten seien, "aber dass diese auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden können".

Was die zuletzt kontrollierten Lebensmittel aus der Region angeht, sieht das Umweltbundesamt das Tal auf einem guten Weg. Milch und Fleisch aus dem Görtschitztal seien die maßgebliche Quelle für die Aufnahme von HCB im menschlichen Körper gewesen – die meisten Lebensmittel seien nun aber frei von HCB. Das bedeute, dass die Ernährungsempfehlungen der Medizinischen Universität Wien für die Görtschitztaler gelockert werden könnten, zumindest regt die Untersuchung das an. Die Universität hatte Empfehlungen für die mit HCB belasteten Görtschitztaler ausgearbeitet, laut denen sie die belasteten Produkte aus dem Tal nicht essen dürften.

Weitere Kontrollen werden empfohlen

Neben den Untersuchungsergebnissen gibt das Umweltbundesamt auch Empfehlungen für die Zukunft aus. So sei eine weitere Kontrolle von Lebensmitteln aus dem Tal sinnvoll, außerdem sollten Waldböden, die bisher nicht vom Monitoring erfasst wurden, beprobt werden. Ebenfalls untersucht werden soll die Belastung von Pilzen und Wildfleisch. "Wichtig ist es auch, zu kontrollieren, wie das HCB von den belasteten Personen ausgeschieden wird. Es dauert rund zehn Jahre bis die Hälfte des Hexachlorbenzols ausgeschieden wird, wir schlagen also einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren für die Kontrolle von Personen vor", empfahl Kienzl.

Handlungsbedarf besteht laut der Untersuchung noch bei der Deponie K20 in Brückl. Nach wie vor lagern dort 140.000 Tonnen HCB-belasteter Blaukalk. Im Sommer 2016 hatte die Donau Chemie eine Ausschreibung zur Räumung der Deponie widerrufen – das europaweite Vergabeverfahren habe zu keinem akzeptablen Ergebnis geführt. Daraufhin beschloss man, die Deponie bis auf weiteres abzudichten, damit kein HCB mehr in die Umwelt gelangt. Wie Kienzl sagte, ist die Oberflächen-Abdeckung fertig: "Die Messwerte rund um die Deponie zeigen, dass die Belastung zurückgeht." Die Wände seitlich der Deponie sollen bis Ende Juni 2018 fertig sein – ein Verzehr der Fische aus der Gurk unterhalb der Deponie sei aber weiterhin nicht zu empfehlen.

Greenpeace fordert Räumung der Deponie

Das Abdichten dürfe keine Dauerlösung sein, kritisierte Herwig Schuster von Greenpeace bei der Präsentation der Untersuchung: "Ziel muss es weiterhin sein, die Deponie zu räumen." Er und auch Helmut Burtscher von Global 2000 begrüßten die Untersuchung und auch die erhobenen Daten: "Der Worst Case ist nicht eingetreten, man könnte fast sagen, dass das Gegenteil der Fall war. Der Skandal hat einiges in Bewegung gesetzt", stellte Burtscher fest. So habe man gesehen, dass nach dem Bekanntwerden des Skandals "auch andere Belastungen, die nicht da sein hätten dürfen, zurückgegangen sind", etwa Stickstoffoxide, Quecksilber oder Ammoniak, wofür Burtscher das Wietersdorfer Zementwerk verantwortlich macht: "Das wirft schon auch die Frage auf: Warum hat das so lange so sein dürfen?"

Der HCB-Skandal war am 26. November 2014 öffentlich bekannt geworden. Mit Hexachlorbenzol belasteter Blaukalk aus der Deponie der Donau Chemie in Brückl war im Wietersdorfer Zementwerk in Klein St. Paul verwertet worden. Von Juli 2012 bis 7. November 2014 hatte Wietersdorfer in einem genehmigten Entsorgungsprojekt belasteten Blaukalk im Produktionsprozess verwendet, bei hoher Temperatur hätte das HCB vernichtet werden sollen. Der folgenschwere Fehler: Der Blaukalk wurde bei zu niedriger Temperatur verwertet. Statt bei 850 bis 1.100 Grad wurde der Blaukalk "kühler" eingebracht, wodurch das HCB durch den Rauchfang entwich, sich auf Flora und Fauna niederschlug und in die Nahrungsmittelkette gelangte. (APA, 28.3.2018)