Weniger als 24 Stunden benötigte Israels Premier Benjamin Netanjahu für seinen Zickzackkurs in Sachen Flüchtlingspolitik, mit dem er für Verwirrung sorgte und damit auch von den aktuellen Protesten im Gazastreifen ablenkte. Zuerst macht der Premierminister mit einem Abkommen Schlagzeilen, um es wenige Stunden später auf Eis zu legen und schließlich ganz zu annullieren.

Alles begann am Montagnachmittag, als Netanjahu eine Vereinbarung mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) verkündete, wonach rund 16.000 in Israel lebende afrikanische Flüchtlinge von westlichen Staaten aufgenommen werden sollten. Etwa die gleiche Zahl sollte in Israel einen vorübergehenden Aufenthaltsstatus erhalten.

Nur Stunden nach der Einigung ruderte Benjamin Netanjahu wieder zurück.
Foto: APA/AFP/JACK GUEZ

Doch bereits Dienstagmittag gab der Premier dem Druck von rechts nach, kündigte die Vereinbarung auf und sprach nach einem Treffen mit aufgebrachten Aktivisten und Einwohnern im Süden Tel Avivs davon, die "Eindringlinge loswerden" zu wollen – trotz wachsender rechtlicher Einschränkungen und internationaler Schwierigkeiten. "Jedes Jahr treffe ich tausende von Entscheidungen für die Sicherheit des Staates Israel und die Bürger Israels. Ab und zu wird eine Entscheidung getroffen, die noch einmal neu überdacht werden muss", begründete der Premier seinen Rückzieher, nachdem selbst Mitglieder der Regierung das Abkommen verurteilten.

"Diskussionen fehl am Platz"

"Wie wir wissen, sind das keine Flüchtlinge, sondern Leute, die illegal eingedrungen sind. Deshalb sind die Diskussionen mit dem UNHCR in meinen Augen fehl am Platz", schrieb Israels rechte Kulturministerin Miri Regev von der Likud-Partei auf Twitter. Sonst springt sie dem Premier stets unterstützend zur Seite.

Aus Protest gegen Abschiebungen lassen sich in Tel Aviv afrikanische Migranten in Ketten legen, um an die Sklaverei früherer Zeiten zu erinnern.
Foto: AFP/JACK GUEZ

Viele der rund 37.000 afrikanischen Einwanderer leben in den heruntergekommenen Vierteln im Süden Tel Avivs. Dort hat sich eine starke Gegenbewegung gebildet, die sich für Abschiebungen einsetzt. Anfang des Jahres begann das Einwanderungsbüro, Ausweisungsbescheide zu verteilen. Bis zum 1. April sollten die Flüchtlinge das Land freiwillig verlassen und dafür umgerechnet rund 2800 Euro erhalten. Wer sich weigert, soll gezwungen werden oder ins Gefängnis wandern. Als Aufnahmestaaten wurden Ruanda und Uganda genannt.

Am Montag verkündete Netanjahu dann zunächst die Alternative, nachdem ein Abkommen zur Aufnahme durch afrikanische Drittstaaten gescheitert sei – bis er es dann wieder aufkündigte.

In Israel stoßen die Abschiebepläne der Regierung auf Ablehnung: Tausende Demonstranten gingen in den vergangenen Wochen auf die Straße, und auch am Dienstag wurde protestiert. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 3.4.2018)