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Der ehemalige Regierungspräsident Kataloniens Carles Puigdemont ist seit Monaten außer Landes, in Barcelona aber nach wie vor präsent.

Foto: Reuters / Susana Vera

Es wird eng für Carles Puigdemont in Deutschland. Über Ostern konnte der katalanische Exregierungschef noch Hoffnungen hegen, dass er die Bundesrepublik bald als freier Mann verlassen könnte. Doch die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein beantragte Dienstag beim Oberlandesgericht Schleswig doch noch einen Auslieferungshaftbefehl.

Grundlage dafür ist der internationale Haftbefehl, der gegen Puigedemont vorliegt und aufgrund dessen er am 25. März kurz nach der Einreise – aus Dänemark kommend – in Schleswig-Holstein verhaftet worden war. Seither sitzt der 55-Jährige in der Justizvollzugsanstalt in Neumünster.

Die Generalstaatsanwaltschaft gab bekannt, die Auslieferung nach "intensiver Prüfung" des Haftbefehls beantragt zu haben. Sie hatte zu ergründen, ob die Vorwürfe der "Rebellion" und der "Veruntreuung öffentlicher Gelder" und "Korruption" den deutschen Straftaten "Hochverrat" und "Untreue" entsprechen – und ob der Sachverhalt, so wie er im Haftbefehl geschildert wird, auch in Deutschland strafbar wäre.

"Vergleichbare Entsprechung"

Die Juristen bejahen dies. Sie erklären, der Vorwurf der Rebellion "findet eine vergleichbare Entsprechung im deutschen Strafrecht", und verweisen auf die Paragrafen 81 und 82 ("Hochverrat") im deutschen Strafgesetzbuch. Wer es demnach "unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern", kann mit lebenslanger Haft bestraft werden.

Der von der spanischen Justiz erhobene Vorwurf der Rebellion beinhaltet nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft im Kern den Vorwurf, trotz zu erwartender gewaltsamer Ausschreitungen ein verfassungswidriges Referendum abgehalten zu haben. Die Vorschriften in Spanien und Deutschland müssten dabei nicht wortgleich sein. Da Fluchtgefahr bestehe, müsse Puigdemont auch in Haft (in Neumünster) bleiben.

Am Zug ist nun das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig. Theoretisch hat es für seine Entscheidung 60 Tage Zeit – es wird aber mit einer deutlich früheren Bekanntgabe gerechnet. Stimmt das OLG der Auslieferung zu, kann sich Puigdemont noch per Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden.

Die deutsche Regierung stellt sich hinter die deutschen Behörden, Kanzlerin Angela Merkel ließ schon nach der Verhaftung Puigdemonts durch Sprecher Steffen Seibert erklären: "Spanien ist ein demokratischer Rechtsstaat."

"Arbeit respektieren"

"Spanien und Deutschland sind demokratische Rechtsstaaten – und wir müssen in beiden Ländern die Regeln, die wir uns gegeben haben, sowie die Arbeit der Richter und Staatsanwälte respektieren", erklärte die spanische Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría in einer ersten Reaktion vonseiten Spaniens.

Für Carles Campuzano, Sprecher der PDeCAT (Partit Demòcrata Europeu Català), der auch Puigdemont angehört, war der Entschluss der deutschen Justiz ebenso wie für die Verteidiger "erwartbar". Er zeigte sich überzeugt davon, dass die deutschen Richter die Auslieferung aber letztendlich ablehnen werden. Der Vorwurf der Rebellion und der Gewalt sei "ganz einfach fehl am Platz".

Das sieht auch mancher in Madrid so, aber zumindest Politiker des konservativen Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy und aus dem Lager der rechtsliberalen Ciudadanos gehen den umgekehrten Weg. Sie beschuldigen die Unabhängigkeitsbewegung zuletzt verstärkt der "Gewalt". Graffitis am Haus von Ermittlungsrichter Llarena im katalanischen Girona, Solidaritätsparolen mit den "politischen Gefangenen" an einem Parteilokal in Tarragona oder gewaltfreie Straßenblockaden werden gleichgesetzt mit früheren Aktionen der baskischen Separatistenorganisation Eta. Anders als in Katalonien warfen sie Brandsätze, zerstörten Geschäfte und Buchläden. "In Katalonien gibt es keine Gewalt. Schlagen wir nicht dort Alarm, wo es nichts gibt", warnt Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau.

Für den 15. April ruft indes ein breites Bündnis aus Unabhängigkeitsbewegung, Gewerkschaften, und Kulturorganisationen zu einer Großdemonstration zur Verteidigung der demokratischen Rechte in Barcelona. Eine Auslieferung Puigdemonts könnte den Unmut weiter anheizen. (Birgit Baumann aus Berlin, Reiner Wandler aus Madrid, 3.4.2018)