Wien – Mit zwanzigminütiger Verspätung hat am Dienstag am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen mittlerweile 19-Jährigen begonnen, der sich für die radikalislamistische Terrormiliz "Islamischer Staat" betätigt haben soll. Laut Anklage wollte er unter anderem einen Zwölfjährigen zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt in der deutschen Stadt Ludwigshafen anstiften.

Gemeinsam mit einem inzwischen 22-jährigen Deutschen und einer jungen Frau, mit der der Angeklagte nach islamischem Recht verheiratet war, soll er auch selbst Anschlagspläne verfolgt haben. Die jungen Männer bastelten Bomben und testeten erfolgreich einen Sprengsatz in einem Park in Neuss im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen. Der Staatsanwaltschaft zufolge wollte der Angeklagte zusammen mit seiner Frau einen Rohrbombenanschlag auf eine Militäreinrichtung in Deutschland durchführen.

"Bis in die Zehenspitzen radikalisiert"

"Wir müssen dankbar sein, dass wir heute hier sitzen und den Prozess führen dürfen. Wäre es nämlich nach der Vorstellung des Angeklagten gegangen, hätten wir eine Vielzahl an Toten zu beklagen", sagte der Staatsanwalt, nachdem der vorsitzende Richter die – aus Sicherheitsgründen anonymisierten – Geschworenen beeidet hatte. Der 19-Jährige hätte sämtliche terroristischen Straftatbestände, die das Strafgesetzbuch bietet, verwirklicht, betonte der Ankläger in seinem Eröffnungsvortrag: "Es ist nur einer glücklichen Fügung des Schicksals zu verdanken, dass es nicht zu einem Anschlag gekommen ist."

Der 19-Jährige wurde als Sohn albanisch stämmiger Eltern in Wien geboren und war laut Staatsanwalt "ein ganz normaler Jugendlicher". Mit 15 schlug der Bursch allerdings eine kriminelle Karriere ein und wurde unter anderem wegen schweren Raubes zu einer längeren Haftstrafe verurteilt. Im Gefängnis lernte der Jugendliche, für den Religion bis dahin keine Rolle gespielt hatte, über einen Mitgefangenen den Islam kennen. Noch in der Justizanstalt konvertierte er, und als er im Oktober 2015 aus der Haft entlassen wurde, "hat er nur noch die Religion, nach der er sich richtet", skizzierte der Staatsanwalt den Werdegang des Angeklagten. In kürzester Zeit hätte sich dieser den Zielen des IS verschrieben: "Der Angeklagte war bis in die Zehenspitzen radikalisiert."

Der Jugendliche besuchte regelmäßig sunnitische Moscheen, konsumierte mithilfe des Internets IS-Propaganda und lernte über soziale Medien Gleichgesinnte kennen, darunter einen Kontaktmann des IS, mit dem er sich permanent austauschte. (APA, 4.4.2018)