Auf den Radiodays Europe wurde ein "Golden Age of Audio" beschworen.

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Wie es um eine Branche steht, lässt sich mitunter an der Stimmung bei ihren Fachtagungen ermessen. Bei den Radio Days Europe, einer Konferenz, die sich mit dem anhaltenden Boom von Radio- und Audioprodukten auseinandersetzt, war diese im Vergleich zu vielen anderen Medienevents erstaunlich gut.

Glaubt man den zahlreich anwesenden Experten aus Radiostationen, Vertretern von Medienunternehmen, die mit Audio experimentieren, den Marketingmenschen und Technologieentwicklern, dann ist der momentane Audio-Boom erst der Anfang. Ein regelrechtes "Golden Age of Audio", ein goldenes Zeitalter von Audio-Produkten, stehe bevor.

Warum das so ist? "Ganz einfach: Hören ist unser schnellster und direktester Sinn", begründet Graham Dixon, Head of Radio der European Broadcasting Union, den anhaltenden Trend. Und fügt ganz philosophisch hinzu: "Wir glauben, was wir hören. Hören sorgt für Sicherheit und Vertrauen und vermittelt – bei "gutem Audio-Branding" – sogar ein Gefühl von Geborgenheit".

Ein loyales Publikum glücklich machen

Besonders eindrücklich zeigt sich das bei Podcasts. Die wachsende Beliebtheit von Podcasts erklärt Ben Hammersley, "Global Futurist" und eine Art Guru im Gebiet der Audioentwicklung, damit, dass sie einfach und günstig zu produzieren und zu vertreiben sind und durch ihre persönliche Gestaltung und oft recht nischigen Themen ein sehr loyales, engagiertes und mitunter sogar spendenwilliges Publikum binden.

Hammersley war es übrigens, der im Jahr 2004 das Wort "Podcast" erfand, als er "Audible Revolution" beschrieb, die sich aufgrund des Engagements von Amateuren, immer schneller und raffinierter werdenden Technologien, einfach zu bedienenden Programmen und den unzähligen Streaming-Möglichkeiten und Plattformen abzeichnete – und die wir nun ansatzweise schon erleben.

Podcasts sind spätestens seit vergangenem Jahr auch in Österreich en vogue: Immer mehr Medienhäuser experimentieren mit den Formaten. Die ehemalige News-Chefredakteurin Eva Weissenberger gründete die Podcast-Plattform Missing Link, auf der Podcasts aus Österreich zu verschiedenen Themenfeldern gebündelt werden, und die sowohl bei den Hörern als auch den Produzenten gut angenommen wird.

Vertraute Stimmen

Doch warum sind auch etablierte Radiostationen zuversichtlich angesichts dieser Prophezeiungen und der Explosion von Audiobeiträgen durch Amateure auf allerhand Plattformen? "Weil es sich zeigt, dass Menschen in Zeiten enormer Veränderungen und Unsicherheit vermehrt auf eine Bewertung, Einordnung und Information durch zuverlässige Quellen zurückgreifen", sagt Allison Winter, Head of Audiences der BBC Radio and Music. "Etablierte Radiostationen und ihre Beiträge genießen hohe Glaubwürdigkeit." Das verdeutlichen auch die Zahlen, die Winter und ihre KollegInnen der BBC und anderer europäischer (öffentlich-rechtlicher) Radiosender von Schweden bis Spanien präsentierten. Hörerzahlen im Radio steigen in so gut wie allen EU-Länder stetig .

Jegliche digitale Aktivität ist sinnvoll

Gleichzeitig warnt Winter vor übertriebenen Enthusiasmus. Zahlen würden nicht von alleine steigen. Etablierte Sender müssen daran arbeiten, ihr Publikum an unterschiedlichen Punkten abzuholen und bis zum Beitrag und darüber hinaus zu begleiten.

Mit einer gut abgestimmten Digitalstrategie, die auch Video und Bild einbezieht, lassen sich jedoch neue HörerInnen zu gewinnen und alte pflegen, verdeutlicht Winter und belegt ihre Aussagen mit interessanten Zahlen: Rund eine Million neue HörerInnen sind innerhalb eines Jahres durch gezielte Maßnahmen auf unterschiedlichen Plattformen schließlich auf den eigenen Seiten gelandet. "Wir haben gelernt, dass jegliche digitale Aktivität sinnvoll ist. Im Zentrum steht dabei immer der gut gemachte Beitrag."

Neue Hörer

Jedoch hören nicht nur die Menschen, auch die Maschinen hören. Spracherkennungsprogramme wie Alexa, würden für einen radikalen Wandel unserer Gesellschaft, sorgen, die unser Leben und Verhalten nachhaltig prägen und mitgestalten werden. Wunderte man vor ein paar Jahren noch über Kleinkinder, die versuchten, das Fernsehprogramm mit Wischbewegungen auf einem traditionellen Fernsehbildschirm zu ändern, wurde auf dieser Veranstaltung von Kindern erzählt, die während einer Autofahrt Tobsuchtsanfälle bekamen, weil das Autoradio nicht auf ihre mündlichen Aufforderungen der widerholten Wiedergabe eines Songs reagierte. (Edith Michaeler, 8.4.2018)