Die frühere ÖVP-Ministerin Andrea Kdolsky ist aus der Politik in die Selbstständigkeit gewechselt.

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"So Kleinmädchenträume wie Stewardess, das war nie meins. Architektin aber hätte ich mir vorstellen können. Auch Ärztin werden wollte ich von Anfang an, aber alle haben mir abgeraten, weil damals die Ärztekammer überall inseriert hat, dass man keinen Job bekommt. Klingt witzig, heute, mit dem Ärztemangel.

Im Zuge des ÖH-Vorsitzes hatte ich strategisches Management kennengelernt. Auch bei der Ausbildung zur Fachärztin bei der Uniklinik im Wiener AKH kam ich mit Management in Berührung. Deshalb habe ich berufsbegleitend eine Ausbildung für Krankenhausmanagement und Gesundheitsökonomie gemacht. Das war zeitlich ziemlich fordernd. Es gab ja kein Arbeitszeitengesetz für die Mediziner wie heute. Als ich alles abgeschlossen hatte, habe ich mich für das Management entschieden und nicht für die Arztkarriere.

Da habe ich dann durch den damaligen niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll die Chance bekommen, bei den Landesspitälern eine moderne Struktur einzuführen. Also alle einzelnen Spitäler, damals 27 mit zusammen 17.000 Mitarbeitern, zu der niederösterreichischen Landesklinikenholding zusammenzuführen.

Da haben wir wirklich etwas auf die Beine gestellt. Wir haben für damalige Zeiten völlig neue Akzente gesetzt: Managementsysteme, zentraler Einkauf, Patientenombudsleute. Alle meine Jobs haben mir Spaß gemacht, aber ich denke, diese Aufgabe war das Highlight meiner beruflichen Tätigkeit, und ich habe die Holding dann auch als CEO einige Jahre geleitet.

Aus dieser Situation heraus wurde ich Anfang 2007 gefragt, ob ich als Bundesministerin für Gesundheit, Jugend und Familie in die Regierung Gusenbauer/Molterer gehen will, und ich habe voller Begeisterung angenommen.

Völlig andere Vorstellung

Rückblickend muss ich sagen, man geht in so etwas hinein fast wie bei einem Blind Date. Weil man sich, selbst als politisch interessierter Mensch, das völlig anders vorstellt. Ich wollte Veränderungen, die ja notwendig waren, umsetzen. Denn die Problemstellung – damals übrigens wie heute – war, dass wir was verändern müssen, weil wir sonst das System nicht halten können. Denn die weniger werdenden Geldströme müssen bei gleichbleibender oder verbesserter Qualität auf einen größeren Kreis von Teilnehmern verteilt werden, schon wegen der Alterung der Gesellschaft.

Ich hatte ein großartiges Team im Ministerium, aber wir mussten schnell feststellen, dass mein Ressort sehr wenig Umsetzungskompetenz hatte. Die meisten Themen, die wesentlich waren, lagen und liegen in der Entscheidungshoheit der Bundesländer oder der Sozialversicherungsträger. Und die Pflege war damals überhaupt nicht bei der Gesundheit angesiedelt, sondern im Sozialministerium.

Ich hatte also keinen wirklichen Zugriff auf Notwendigkeiten und keine Handhabe, meine Vorschläge umzusetzen. Man kann zwar bei den Finanzausgleichsverhandlungen Bedingungen stellen, aber wenn sie nicht erfüllt werden, gibt es keine Sanktionen. Das Ganze ist eine Blase, ein gut einstudiertes Theaterstück. Das ist noch immer so.

Nicht in der Politik bleiben

Dann ist die Regierung auseinandergebrochen, und ich habe mich entschieden, nicht in der Politik zu bleiben. Da bin ich dann draufgekommen, dass es nicht einfach ist, nach einem politischen Spitzenjob ganz normal in der Privatwirtschaft wieder Fuß zu fassen. Denn der Gesundheitsbereich ist eine enge Branche. Da kennt jeder jeden, und man ist nach einem Ministeramt punziert, auch wenn man sich als Sachpolitikerin definiert hat. Die eigene Partei ist nicht hundertprozentig loyal, und bei den anderen ist man der Feind. Außerdem, alle glauben, man kriegt sowieso eine Politikerpension. Das ist natürlich nicht der Fall nach grad mal zwei Jahren in der Bundespolitik.

Aber zum Glück haben sich neue Chancen ergeben, und ich bekam ein Angebot von einem großen internationalen Beratungsunternehmen, nämlich PwC. Dort habe ich dann sechs Jahre einen Health-Care-Bereich aufgebaut, und mit der Erfahrung habe ich mich dann selbstständig gemacht. Derzeit arbeite ich in Südtirol, da habe ich die Verantwortung für die Digitalisierung 4.0 der dortigen Spitäler samt Einführung einer elektronischen Patientenakte.

Die Selbstständigkeit hat den Vorteil der viel größeren Unabhängigkeit. Und immer häufiger bekomme ich Aufträge aus dem umliegenden Ausland. Das kommt mir sehr entgegen, denn ich bin ein Vagabund und arbeite gerne an verschiedenen Orten. Ich bin geschieden, habe keine Kinder. Ich muss nicht dauernd an einem Platz sein. Die andere Seite ist, dass man als Einzelunternehmerin keine Strukturen hat, auf die man sich stützen kann. Man muss vieles selbst machen, denn wenn man alles außer Haus gibt, ist man schnell arm." (Protokoll: Johanna Ruzicka, 9.4.2018)