Es ist ein seltsames Gefühl, nach einem 17-stündigen Flug in einem fremden Land anzukommen und zu wissen: Hier bleibe ich für einen Monat mit 25 anderen Personen, die ich (noch) nicht kenne. Menschen aus der ganzen Welt, die sich auf einer 5.500 Quadratkilometer kleinen Insel in Indonesien treffen, um dort neben- oder miteinander zu arbeiten und zu leben. 

Urlaubsfeeling: Landeanflug direkt neben der Brandung.
Foto: Alexandra Eder

"Be unsettled"

Ich werde diesen Monat in Ubud – dem kulturellen Zentrum der Insel – verbringen und Teil von "Unsettled" sein. Der Name ist Programm: Das gleichnamige US-Unternehmen unterstützt Personen dabei, einen Monat lang woanders zu leben, egal ob die Intention nun Remote Work, ein Sabbatical oder Neuorientierung ist. Insgesamt neun Locations, verteilt auf der ganzen Welt, werden momentan angeboten, um "the unsettled experience" zu erleben – von Marrakesch über Buenos Aires bis hin zu Kapstadt oder Porto. 

Für "Unsettler" bedeutet das, dass alles Wichtige für einen organisiert wird. Dazu zählen die Unterkunft für den gesamten Zeitraum, der Zutritt zu einem Coworking-Space in der Nähe, tägliches Frühstück, der Flughafen-Transfer, eine lokale SIM-Karte, ein Kalender mit allen angebotenen Aktivitäten und Unterstützung, wenn man sie braucht. Zwei Ansprechpersonen vor Ort helfen bei Problemen und sind praktisch immer erreichbar. Das gibt einem ein gewisses Sicherheitsgefühl und nimmt einem jede Menge Organisation ab. 

Allgegenwärtig auf Bali: Religion, Rituale und Mopeds.
Foto: Alexandra Eder

Ankommen, kennenlernen, austauschen

So wie etwa vier Millionen Touristen pro Jahr lande ich am vergangenen Freitag in Denpasar, der Hauptstadt Balis, direkt am Meer. Eine der beiden "Unsettled"-Mitarbeiterinnen erwartet mich bereits mit einem breiten Grinsen und einem großen Schild. Sie führt mich gemeinsam mit einer zweiten Teilnehmerin zu einem Fahrer, der uns durch den absolut verrückten balinesischen Verkehr zur Unterkunft chauffiert. Am Weg erfahre ich nicht nur alles mögliche über balinesische Bräuche, sondern auch, was meine Kollegin hierher verschlägt. "I'm inbetween two jobs", fasst die etwa 30-jährige Bulgarin im Auto neben mir ihre aktuelle Situation zusammen. Ihren alten Job im Management des größten Mobilfunkanbieters des Landes hat sie gekündigt, die neue Stelle tritt sie nach ihrem Aufenthalt hier an. Auf Bali wird sie lediglich ein paar Online-Kurse absolvieren, um gut vorbereitet in das neue Aufgabengebiet starten zu können. Für sie ist Bali eher eine Auszeit, als ein Remote-Work-Aufenthalt.

Das Welcome-Dinner: Atemberaubende Kulisse im Sayan-House.
Foto: Alexandra Eder

Die Balance finden

Wie sich beim ersten gemeinsamen Abendessen mit den restlichen Teilnehmern herausstellt, sehen die Ziele der meisten hier so aus: Entspannen, reisen, spannende Kontakte knüpfen, Yogakurse belegen und zwischendurch ab und zu die Emails checken sowie ein paar Telefonate führen. Ich bin jetzt schon gespannt, wieviel Zeit mir bleibt, um die Insel zu erkunden.
Mit 28 Jahren bin ich im Übrigen eine der Jüngsten – der Altersdurchschnitt liegt bei 32 Jahren und die älteste Unsettlerin hier ist 44 Jahre alt. Viele meiner Kollegen arbeiten im Marketing oder in der Technikbranche, sind selbstständig oder nutzen diesen Monat, um an den Plänen für ihre Selbstständigkeit zu feilen – das geht von Retreats über Online-Shops bis hin zum Lifestyle-Blog. 

Der Zugang zum Coworking Space "Outpost".
Foto: Alexandra Eder

Die ersten paar Tage sind nun also vorbei. Ich habe einen Roller gemietet, der sich ganz gut fährt und mir noch ein Stück mehr Freiheit und Mobilität ermöglicht. Ich weiß, wo der Coworking Space ist, wo ich schwimmen gehen kann und wo der nächste Supermarkt ist. Ich kenne die Namen aller anderen Teilnehmer und weiß bereits nach ein paar Tagen einige Dinge über sie. Das Remote Working kann nun richtig beginnen und ich bin schon gespannt, wie es für mich sein wird. Denn irgendwie ist es dann doch schwer, auch mal "nein" zu sagen, wenn ein Ausflug ansteht. Schließlich bin ich zum Arbeiten hier.

Arbeitsstunden reduzieren?

Ich habe meine Vollzeitstelle während des Bali-Aufenthaltes auf 20 Stunden reduzieren können, schließlich wollen neben meiner Arbeit auch die Blogbeiträge verfasst werden. Wie schätzt ihr die Reduktion der Wochenstunden ein? In welchem Stundenausmaß würdet ihr während eines Remote-Working-Aufenthaltes arbeiten wollen, um auch noch ein wenig von Land und Leuten mitzubekommen? (Alexandra Eder, 10.4.2018)

Weitere Beiträge der Bloggerin

Hinweis: Die Bloggerin wurde nach einer Bewerbungsphase auf Einladung von DER STANDARD in den Co-Working-Retreat geschickt. Sie berichtet zweimal pro Woche über ihre Erfahrungen, ihre persönlichen Eindrücke, das Leben von digitalen Nomaden und das Arbeiten in einem Schwellenland. Die Aktion wird in Zusammenarbeit mit der Firma Unsettled durchgeführt. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim STANDARD.