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Viktor Orbán am Wahlabend

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Fidesz-Anhänger in Feierlaune

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Auszählung in Budapest

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Warteschlange vor einem Budapester Wahllokal

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Viktor Orbán dominierte in den Medien den Wahlkampf, ohne ein einziges Mal bei einem TV-Duell dabei zu sein.

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Hauptkonkurrent Gábor Vona von Jobbik.

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Hauptthema Flüchtlinge.

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Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Parlamentswahl in Ungarn am Sonntag deutlich gewonnen. Das sichert dem 54-Jährigen eine weitere Amtszeit. Seine Fidesz-Partei kommt nach Auszählung fast aller Stimmen laut Wahlkommission mit 133 der 199 Sitze auf eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. "Wir haben gewonnen, Ungarn hat einen großen Sieg errungen", rief Orbán in der Nacht seinen jubelnden Anhängern zu. Sie seien damit in der Lage, Ungarn zu verteidigen. Orbán hatte sich im Wahlkampf eindeutig gegen Einwanderung positioniert und damit Politologen zufolge vor allem auf den Land gepunktet. Die Stimmen von 270.000 Bürgern, die nicht in ihrem Wohnort gewählt haben, werden erst diese Woche ausgezählt.

Nach Angaben der Wahlkommission entfallen auf die rechtsnationale Partei Jobbik voraussichtlich 26 Sitze, auf die Sozialisten 20. Spitzenvertreter beider Parteien traten nach der klaren Niederlage zurück.

Orbán hatte die Wahl zur "Schicksalswahl" hochstilisiert. Die Botschaft war ebenso simpel wie fragwürdig: Entweder ich bleibe an der Macht, oder Migranten werden Ungarn überschwemmen. Dann werde es kein Geld mehr für Pensionen und Familienbeihilfen geben. Gegen 23 Uhr erklärte sich Orbán dann auch zum Wahlsieger: Die hohe Beteiligung habe alle Zweifel ausgeräumt, verkündete er.

Die Wahlbehörde meldete eine Beteiligung von 67,1 Prozent. Tatsächlich ging es um viel: Sollte Orbán zum dritten Mal in Folge eine Alleinregierung bilden können, dann bleibt Ungarn auf Konfrontationskurs gegenüber der EU. Seine Kritiker befürchten, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit noch stärker demontiert werden, die Ressourcen des Landes und die EU-Förderungen weiter Orbáns Klientel zugutekommen.

Bei zuletzt guten Wirtschaftsdaten, die die Konjunktur in der gesamten Region widerspiegelten, ist Ungarns Bevölkerung polarisiert. Wie das Corruption Research Center Budapest am Montag erhoben hat, stiegen die Google-Anfragen nach dem Suchbegriff "Auswanderung" ("kivándorlás") nach den ersten Hochrechnungen in Ungarn um ein Vielfaches an.

Die Opposition ist heterogen, sie reicht von der linken Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) bis zur rechtsradikalen Jobbik (Die Besseren), die unter Parteichef Gábor Vona in letzter Zeit eine gemäßigtere Rhetorik pflegt.

Nützliches Wahlrecht

Mit der Wahlrechtsreform nach 2011 schnitt Orbán das System in autokratischer Manier auf seine Bedürfnisse zu. Der Anteil der Direktmandate stieg. Die zweite Runde in den Direktwahlkreisen wurde gestrichen – bis dahin waren mindestens drei Kandidaten in diese gekommen, was es den Parteien erlaubt hatte, Absprachen aufgrund des Erstrundenergebnisses zu treffen. Das Parlament wurde von 386 auf 199 Sitze verkleinert, die neuen Wahlkreise wurden zugunsten der Orbán-Partei gezeichnet – Großstädte, die traditionell eher links wählen, wurden aufgeteilt und dem ländlichen Umland zugeschlagen, wo traditionell eher rechts gewählt wird. Die ethnischen Ungarn in Nachbarländern wie Rumänien erhielten nicht nur die ungarische Staatsbürgerschaft, sondern auch das Wahlrecht, obwohl sie dort gar nicht wohnen. Die Stimmen dieser Wähler könnten Orbán diesmal zwei zusätzliche Mandate bringen.

Akteure der Zivilgesellschaft drängten die Oppositionsparteien dazu, in den Direktwahlkreisen möglichst nicht gegeneinander anzutreten. Vor allem die Bewegung Gemeinsames Land des Aktivisten Márton Gulyás und die Gruppe V-18 des ehemaligen Außenministers Péter Balázs, der ehemalige Minister linker und rechter Regierungen angehören, setzten sich dafür ein. Dort, wo mehrere Oppositionskandidaten antraten, riefen sie die Bürger dazu auf, ihre Direktstimme dem jeweils aussichtsreichsten zu geben. Lokale Umfragen sollten bei der Entscheidung helfen. Das machte es diesmal so ungemein schwierig, die Verteilung der Parlamentsmandate vorherzusagen.

Erste Gratulationen.

Vierte Amtszeit

Die Perspektiven bei einer weiteren Amtszeit Orbáns sind für die, die nicht seine Fans sind, düster. Sie befürchten, dass er daran arbeiten wird, die noch relativ unabhängig agierenden Richter und die wenigen unabhängigen Medien auf Kurs zu bringen. Auf der europäischen Ebene wird er nicht nur jede auf Solidarität gegründete Asylpolitik torpedieren, sondern sich auch gegen die weitere Integration der Union stemmen und dafür Mitstreiter in anderen Ländern mit euroskeptischen Regierungen mobilisieren.

In einer Rede am Nationalfeiertag am 15. März hatte Orbán politischen Gegnern "Genugtuung" angedroht, was im Kontext so viel wie Vergeltung bedeutete. Den Wahlkampf bestritten Orbán und seine Kandidaten ohne irgendein Regierungsprogramm. Die Kampagne war allein auf seine Person zugeschnitten. Was er vorhat, ist ohnehin klar: die weitere Ausgestaltung der "Demokratur". (Gregor Mayer aus Budapest, red, 9.4.2018)