Astrid Rössler möchte Verkehrslandesrätin werden und alle verfügbaren Mittel der Mobilität kombinieren.

Foto: MIke Vogl

Die Salzburger Grünen setzen in ihrer Kampagne für die Landtagswahl voll auf ihre polarisierende Spitzenkandidatin Astrid Rössler. Mit Tempo 80 auf der Stadtautobahn hat sich die Umweltlandesrätin nicht nur Freunde, sondern auch einen Namen gemacht. Das neue Raumordnungsgesetz verbucht Rössler als Erfolg. Die von ihr zuvor bekämpfte 380-kV-Leitung musste sie genehmigen. Ein bitterer Tag für die Freileitungsgegnerin.

Die Grünen spitzen den Wahlkampf auf eine Richtungsentscheidung zwischen Grün und Blau zu. Das Wahlkampfbudget liegt bei 385.000 Euro. Das Rekordergebnis von 20,2 Prozent bei der letzten Wahl wird kaum zu halten sein. Das erklärte Ziel lautet, der ÖVP rechnerisch die Möglichkeit zu bieten, noch einmal eine Regierung mit den Grünen zu bilden.

STANDARD: Sie sind keine Politikerin, heißt es in Ihrer Kampagne. Als Landeshauptmannstellvertreterin sind Sie die zweitbestverdienende Politikerin im Land Salzburg. Verstehen Sie, wenn sich manche Wähler gefrotzelt fühlen?

Rössler: Wir wollten bewusst die Frage in den Raum stellen, was das Bild von Politikern ist und was die Erwartungen an Politiker sind. Wer ist der Mensch dahinter, und was sind die Themen und Inhalte, für die er in einer politischen Funktion eintritt? Es geht nicht darum, ob es ein Job ist, ob die Entlohnung hoch ist, sondern um die Verantwortung und das Motiv. Die Themen Umweltschutz und nachhaltige Politik, die die nächsten Generationen im Blick haben, sind mir unverändert wichtig.

STANDARD: Sie spitzen den Wahlkampf auf Blau gegen Grün zu. Warum sollte VP-Chef Wilfried Haslauer wieder mit Ihnen koalieren?

Rössler: Weil in den letzten fünf Jahren das Arbeitsprogramm zu großen Teilen umgesetzt worden ist. Unser Regierungspartner schätzt den Arbeitsstil und die konstruktive Art, politische Entscheidungen zu treffen. Interessenunterschiede nicht öffentlich auszutragen, sondern sich tief in Sachfragen einzuarbeiten und gemeinsam auszuverhandeln.

STANDARD: Dieser vielbeschworene neue Stil ist nicht immer eingehalten worden. Haslauer ist eingeschritten und hat ein Machtwort in der Raumordnung gesprochen. Hat er Sie da öffentlich vorgeführt?

Rössler: Es ist eine unserer Stärken, nicht auf jeden Zuruf öffentlich zu reagieren, sondern das in aller Ruhe sachlich am Verhandlungstisch zu diskutieren. Es gab von Bürgermeistern oder vom Gemeindeverband immer wieder Kritik, die ich nicht öffentlich kommentiert habe. Ich bin zu diesem Arbeitsstil gestanden. Am Ende ist das Raumordnungsgesetz gemeinsam beschlossen worden. Auch mit Lob vonseiten des Gemeindeverbands für die Art, mit unterschiedlichen Interessen umzugehen und nicht einfach drüberzufahren.

STANDARD: Aber dieses Ultimatum hat Haslauer damals gesetzt.

Rössler: Das ist für mich wirklich Schnee von gestern.

STANDARD: Bei der 380-kV-Leitung sind Sie vor der letzten Wahl noch als Gegnerin aufgetreten, nun haben Sie sie beschließen müssen.

Rössler: Im Fall der 380-kV-Leitung bin ich als Behördenleiterin verpflichtet, die Gesetze zu vollziehen. Ich habe versucht, eine andere Variante zu ermöglich. Trotzdem ist das Ergebnis zu respektieren. Alles andere wäre Amtsmissbrauch. Ich bin darauf vereidigt, ein rechtsstaatliches Verfahren zu wahren, auch wenn mir das Ergebnis nicht gefällt.

STANDARD: Sie werden von vielen Wählern nur mit Tempo 80 in Verbindung gebracht. In Wien und Linz gibt es auch einen 80er auf der Stadtautobahn. Die Aufregung blieb aus.

Rössler: Dort ist keiner damit so berühmt geworden.

STANDARD: Hat man den 80er in Salzburg falsch verkauft?

Rössler: Verkehrsthemen sind immer sehr emotional. Salzburg hat eine stärkere Identifikation mit dem motorisierten Vehikel. Unter dem Strich war es trotzdem das gelindeste Mittel, um die Luftwerte zu verbessern. Es ist eine Gesundheitsmaßnahme, keine Maßnahme zur Verkehrsregulierung, zu der uns die Europäische Kommission auch aufgerufen hat. Wir sind in einem laufenden Vertragsverletzungsverfahren. Tempolimits sind ausdrücklich genannt worden. Wir haben messbare Rückgänge zum Vorteil von 3.000 Menschen, die im Nahbereich leben. Ich treffe auch immer wieder Menschen, die sagen, am Anfang habe es sie gestört, aber mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt.

STANDARD: Bleiben wir bei der Identifikation der Salzburger mit dem Auto. Sie haben einen Zwölfpunkteplan vorgelegt und sich damit de facto als Verkehrslandesrätin beworben. Wie wollen Sie in Salzburg Maßnahmen umsetzen, das Auto stehenzulassen?

Rössler: Es wird nicht anders gehen, als alle verfügbaren Mittel der Mobilität künftig geschickt mit digitaler Unterstützung zu kombinieren. Durch ein abgestimmtes Angebot vom Fahrplan bis zum Ticket im öffentlichen Verkehr, Park-and-ride-Einrichtungen, alternative Mobilität, Busspuren. Es braucht mindestens diese zwölf Punkte bis hin zur Stadtquerung mit der leistungsfähigen Stadtregionalbahn.

STANDARD: Braucht es Verbote?

Rössler: Mit dem Thema Parkraumbewirtschaftung in der Stadt Salzburg werden wir uns auseinandersetzten müssen, um die Begrenztheit des verfügbaren Platzes in der Stadt sichtbar und messbar zu machen. Der Stau kommt nicht von fehlender Durchflussgeschwindigkeit, sondern von nicht mehr verfügbarem Platz.

STANDARD: Ist es ein Thema, die Stadt überhaupt für den Individualverkehr zu sperren?

Rössler: Ich sehe nicht die Notwendigkeit, über komplette Sperren nachzudenken. Es gibt Fußgängerzonen, das Instrument der Begegnungszonen, die vorangetrieben werden.

STANDARD: Nach der Fortsetzung der Koalition in Tirol sagt Landeshauptmann Günther Platter, Schwarz-Grün habe dieselbe Weltsicht. Sehen Sie das auch so?

Rössler: Das hängt stark davon ab, worauf man den Fokus richtet. In manchen Dingen würde ich sagen Ja. Aber natürlich gibt es Unterschiede. Die ÖVP hat die Wirtschaftsbrille auf, und wir haben öfter die Umweltbrille und eine soziale Brille auf. Aber in der Kombination hat es gut funktioniert.

STANDARD: Wo sehen Sie die Salzburger Grünen positioniert? Eher im bürgerlichen Lager oder links der Mitte?

Rössler: Es gibt beides. Die Grünen haben sich in den letzten Jahren geöffnet, von einer städtischen zu einer auch auf die Region ausgerichteten politischen Sichtweise.

STANDARD: Also mehr in die Mitte gerückt?

Rössler: Wir haben ein Stück von der Mitte dazugenommen, ohne uns von der Positionierung ändern zu müssen. Vielleicht ist ein Ast dort rausgewachsen. Von der Grundausrichtung haben wir uns nicht verändert. So, wie die ÖVP durch die Zusammenarbeit bei bestimmten klassischen grünen Themen auch ein differenzierteres Bild entwickelt hat.

STANDARD: Mit dem Wahlplakat "Heimat beschützen" haben Sie für eine Debatte gesorgt. Kritiker werfen Ihnen vor, reaktionäre Rhetorik in Kombination mit Kindern in Tracht zu plakatieren.

Rössler: Wir wollen den Heimatbegriff nicht länger von rechten Parteien vereinnahmen lassen. Unser Heimatbegriff ist ein anderer: im Sinne von Zusammenarbeit, Verwurzeltsein, Landschaft, Nachbarn. Ein Gebiet, wo man sich zu Hause fühlt. Das ist unser Bild von einer offenen Heimat.

STANDARD: Die FPÖ Kärnten hatte den gleichen Slogan auf einem Wahlplakat.

Rössler: Wir haben unsere Definition. Der Untertitel ist auch ein klares Bekenntnis, dass wir auf soziale Strukturen, Menschlichkeit und Menschenrechte Wert legen. Wir beobachten auch, dass Menschen unsere Plakate verteidigen. Das bestätigt, dass es viele als überfällig empfinden, dass der Begriff "Heimat" nicht einseitig von einer rechten Partei besetzt ist.

STANDARD: Ziehen Sie bei einer Wahlniederlage persönliche Konsequenzen?

Rössler: Das wird vom Ergebnis abhängen. Ich bin Sportlerin, ich denke jetzt an die Ziellinie und nicht daran, wie es danach weitergeht. (Stefanie Ruep, 10.4.2018)