Elisabeth Gruber

Foto: TU Wien / Klaus Ranger Fotografie

Raumfahrzeuge sind oft starkem Teilchenbeschuss ausgesetzt. Ionen im Sonnenwind können beispielsweise die Elektronik an Bord beschädigen. Es ist also wünschenswert, genau zu wissen, was die geladenen Teilchen in Wechselwirkung mit den verschiedenen Materialien bewirken.

Die Experimente, die Elisabeth Gruber an der TU Wien durchgeführt hat, könnten hier Anwendung finden. Die 1987 in Meran in Südtirol geborene Physikerin hat jene Phänomene untersucht, die bei der Wechselwirkung von Ionen mit verschiedenen Oberflächen auftreten. Für ihre Dissertation am Institut für angewandte Physik wurde sie mit dem Hannspeter-Winter-Preis der TU Wien ausgezeichnet.

Gruber verwendete für ihre von ihr selbst entworfenen Versuche Ionen des Elements Xenon. In Ionenquellen wurden den Xenon-Atomen bis zu 44 der 54 Elektronen, über die es verfügt, entrissen. Das Ergebnis waren Ionen mit enorm hoher potenzieller Energie.

Die Physikerin hat nun diese hochgeladenen Teilchen beschleunigt und auf Testoberflächen aufprallen lassen. "Die Ionen streben danach, wieder neutral zu werden", erklärt Gruber. "Wenn sie in Wechselwirkung treten, entziehen sie dem Material also Elektronen. Sie übertragen ihre Energie und verändern die Oberfläche." Damit lassen sich etwa gezielt Strukturen – kleine Hügelchen und Täler im Nanometermaßstab – erzeugen.

Der technische Ansatz eignet sich neben der Charakterisierung von Materialien für den Weltraumeinsatz für eine Reihe weiterer Anwendungen. "Man könnte kleinste Strukturen für mikroelektronische Anwendungen oder hochpräzise Masken für lithografische Verfahren schaffen", gibt Gruber Beispiele.

Bemerkenswerte Phänomene konnte die Physikerin beobachten, als sie Graphen mit den Xenon-Ionen beschoss. Dieses "Wundermaterial" besteht aus Kohlenstoffatomen, die in wabenförmiger, zweidimensionaler Struktur angeordnet sind, es ist äußerst stabil und ein besonders guter Leiter. Der Ionenbeschuss ließ in diesem Material erstaunlicherweise keine "Löcher" zurück. "Die Elektronen, die die Ionen dem Material entreißen, werden blitzschnell nachgeliefert, und der lokale Mangel wird ausgeglichen", sagt Gruber.

Blitzschnell heißt hier – innerhalb von Femtosekunden, also billiardstel Sekunden. Die Stromdichten, die dabei entstehen, sind unglaublich hoch. Eine kontrollierte Anwendung des Prinzips könnte etwa zu extrem schneller Elektronik oder zu selbstheilenden Materialien führen, die den Ionenbeschuss im Weltall auszugleichen vermögen.

Die Physikerin, die bereits auf Forschungsaufenthalte am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf, am Schwerionenbeschleuniger in Caen in Frankreich und an der Universität Bielefeld zurückblicken kann, hat nach ihrem Doktorat an die Universität Aarhus in Dänemark gewechselt. Dort widmet sie sich der Erforschung von photophysikalischen Vorgängen in Biomolekülen, die etwa bei der Fotosynthese und beim Sehvorgang wichtig sind.

Vermisst sie als Südtirolerin nicht das Skifahren? "Das kann ich gar nicht. Das Klischee stimmt nicht immer." (pum, 15.4.2018)