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Temelín ist das größte Atomkraftwerk in Tschechien. Es befindet sich rund 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt.

Foto: AP/Petr David Josek

Tschechien hat seit Jahrzehnten ein gewaltiges Müllproblem. 33 Jahre erzeugt man nun bereits Atomstrom – und ebenso lange gibt es keine adäquate Lösung für den Umgang mit hochradioaktivem Atommüll.

Doch aktuell scheint die Suche nach einem erforderlichen Endlager für rund 14.500 Tonnen an strahlendem Abfall in eine vorentscheidende Phase zu kommen: Neun mögliche Standorte hat die tschechische Atombehörde ins Auge gefasst, zumindest zwei liegen nahe der österreichischen Grenze. Einer im Umfeld des AKW Temelín, sowie einer 20 Kilometer westlich des AKWs Dukova. Vor diesem Hintergrund trafen sich am Mittwoch internationale Experten bei der heurigen Nuclear Energy Conference in Prag.

Sicherheit zweitrangig

Ins Visier der Atomgegner gerieten einmal mehr die Prager Behörden. Basis dafür ist unter anderem eine von Ober- und Niederösterreich in Auftrag gegebene Studie des Öko-Institutes Darmstadt.

Hauptkritikpunkt dabei: Im tschechischen Kriterienleitfaden fehle "ein klares Bekenntnis zum Primat der Sicherheit". Demnach sollen an einem sicherheitstechnisch besser geeigneten Standort etwa Anrainerwiderstände zu einem Ausschluss des Standorts geführt haben – und damit in der Konsequenz ein weniger sicherer Standort ausgewählt worden sein.

Für den Wiener Geologen Roman Lahodynsky liegt eines der größten Probleme aber weit unter der Oberfläche. "Wir haben unterirdische Grundwasserströme, und die böhmische Masse ist durchzogen von Brüchen. Die Erdkruste ist also an den angedachten Standorten sehr aktiv", warnt der Experte im Standard-Gespräch.

Und genau diese Bedenken würden die tschechischen Behörden "nicht ernst genug nehmen". Lahodynsky: "Besonders brisant ist ja, dass für sieben der neun möglichen Endlagerstandorte Genehmigungen erteilt wurden, ohne jemals vorab eine Tiefenbohrung durchgeführt zu haben." Lediglich die Oberflächenbeschaffenheit sei untersucht worden. "Es darf daher keine raschen Entscheidungen geben. Zuerst müssen alle relevanten geologischen Daten auf dem Tisch liegen", sagt der Experte.

Anschober: Schrittweiser Atomkraftausstieg

Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober will ebenso keinen Stein auf dem anderen lassen: "Rund um die potenziellen Endlagerstandorte in Tschechien entsteht eine neue Antiatomkraftbewegung. Mein Ziel ist es klarzumachen, dass der Widerstand gegen ein Endlager in der Nachbarschaft zu einem Widerstand gegen die Atomkraft insgesamt führen muss." Dann habe man Chancen gegen neue AKWs in Tschechien und für einen schrittweisen Atomkraftausstieg. (Markus Rohrhofer aus Prag, 12.4.2018)