Chinesen ohne Körpergeruch, Expansionspolitik aufgrund eines Männerüberschusses – aus Anlass der China-Reise der bisher größten österreichischen Wirtschaftsdelegation ins Reich der Mitte lohnt es sich, einen Blick auf die Denkweise von Außenministerin Karin Kneissl zu werfen.

Sie gibt sich gerne als Expertin. Zu welchem Thema sie auch gefragt wird, schnell ist die neue Außenministerin mit einer Meinung zur Stelle und verweist auf ein von ihr herausgebrachtes Buch. Ihr jüngstes Werk ist "Wachablöse – Auf dem Weg in eine chinesische Weltordnung". Hinter diesem Titel verbirgt sich eine Ansammlung von Anekdoten und biologistischen Thesen.

Erschienen ist das Werk im Frank-&-Frei-Verlag, dessen Eigentümerin die Team-Stronach-Akademie ist und der klingende Titel wie "Genderismus – Masterplan für die geschlechtslose Gesellschaft" oder "Das Ende der SPÖ" führt.

Gemein mit diesen Büchern hat Kneissls Werk die vergleichsweise kurze Referenzliste. Die Expertin gibt als Referenz nur sieben Bücher an, wobei eines davon aus ihrer eigenen Feder stammt und eines 1882 von einem Orientalisten verfasst wurde.

Während die Autorin die Entwicklung der Vormachtstellung Chinas erklärt, holt sie weit aus in die Geschichte der Geopolitik, allerdings ohne jemals den Lesefluss etwa durch erläuternde Zahlen, Daten oder Fakten zu stören. So postuliert sie etwa: "Wie einst die Beduinen und Händler im Persischen Golf den Portugiesen dienten, dann den britischen Kolonialherren frisches Wasser und Nahrung für die Flotten nach Indien lieferten, rückt nun China immer klarer in jene Positionen ein, welche die USA offenbar aufgeben." Generell liest sich das Pamphlet wie ein Science-Fiction-Roman im Stil Karl Mays.

Als besonders unterhaltsam erweist sich Kneissls These, China sei aufgrund des mangelnden Körpergeruchs seiner Bewohner als Exportmarkt für Deodorants ungeeignet. Ähnlich holprig klingt ihre Erklärung für die chinesische Expansionspolitik: China habe einen Überschuss an jungen Männern, die in Minen und auf Erdölfelder Afrikas exportiert würden, um soziale Unruhen hintanzuhalten.

Vor dem Hintergrund der größten China-Delegation aller Zeiten, die dieser Tage samt Bundespräsident, Bundeskanzler und eben auch der Außenministerin in wirtschaftlicher Mission unterwegs ist, drängt sich die Frage auf, welche Schlussfolgerung Kneissl tatsächlich aus ihrem eigenen Werk zieht: Soll die Vormachtstellung zurückgedrängt werden, oder geht es schlicht darum, dass Österreich Profiteur ebendieser sein soll? (Muna Duzdar, 11.4.2018)