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Unter Druck: IBU-Präsident Besseberg (rechts) stellt sein Amt ruhend, seine Generalsekretärin Resch trat zurück.

Foto: AP/Lee Jin-man

Wien/Salzburg – Der Biathlonweltverband IBU steht seit Mittwoch ohne Generalsekretärin da. Die Deutsche Nicole Resch (42) hat nach einer Hausdurchsuchung des Bundeskriminalamts im Salzburger IBU-Hauptquartier ihr Amt niedergelegt.

Wenig später gab auch Präsident Anders Besseberg (72) bekannt, sein Amt bis zum Ende der Ermittlungen zurückzulegen. "Ich glaube, dass das der richtige Schritt ist", so der Norweger, der auch vom Vorstand seines Verbandes eine solche Entscheidung erwartet. "Die Ermittlungen beziehen sich auf einige Doping-Belange, die wir nicht nachverfolgt haben wegen verdächtiger Blutproben und ähnlichem", sagte Besseberg in einem Statement gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die die Hausdurchsuchung veranlasst hatte, wurde volle Kooperation zugesagt. Über die Welt Anti-Doping Agentur (Wada) ist auch die Nationale Anti-Doping Agentur (Nada) in engem Austausch mit der Staatsanwaltschaft. Nahezu zum selben Zeitpunkt berichtete der Norwegische Rundfunk NRK von Durchsuchungen, die in Norwegen stattgefunden haben sollen.

Die IBU-Spitze um Resch und Besseberg, der sich im September beim Kongress in Porec nicht mehr um eine Wiederwahl bemühen will, war in der Vergangenheit immer wieder für die vermeintlich zu lasche Vorgehensweise im Anti-Doping-Kampf kritisiert worden.

"Der Verband nimmt die Angelegenheit extrem ernst und verpflichtet sich, weiterhin den höchsten Standards von Transparenz und guter Amtsführung zu entsprechen", ließ die IBU in einer Stellungnahme vom Mittwoch verlauten. Ob diese Standards aber während der Amtszeiten des Norwegers Besseberg und von Resch tatsächlich erfüllt wurden, ist nach den neuesten Erkenntnissen äußerst fraglich.

Whistleblower: Gedopte Russen geschützt

Schwere Anschuldigungen gegen die IBU erhebt nämlich der russische Whistleblower Grigori Rodtschenkow. Der frühere Leiter des Anti-Doping-Labors in Moskau sowie ein nicht namentlich genannter Informant behaupten nach einem Bericht der französischen Tageszeitung Le Monde, die sich sich auf einen Untersuchungsbericht Wada bezieht, dass die IBU gegen Bestechungsgelder gedopte russische Sportler geschützt habe.

Diese Vorgänge hätten bereits vor den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi stattgefunden. Seither habe sich die Situation aber sogar noch verschlimmert. In dem 16-seitigen, vertraulichen Report wird festgehalten, dass die IBU "alles getan habe, um Ermittlungen gegen Russland zu verhindern". Das Hauptziel der Vorgänge sei es gewesen, gedopte russische Athleten zu beschützen

Der NRK hatte Rodtschenkow vor wenigen Tagen an einem unbekannten Ort in den USA und aus Sicherheitsgründen maskiert interviewt. Er fürchtet laut dem Sender um sein Leben seit er Russland in die Anschuldigungen gegen die Anschuldigungen miteinbezogen hat.

Auf der Bremse

Der seit 1992 amtierende Besseberg stand bei Sanktionen gegen russische Sportler eher auf der Bremse. "Wir dürfen nicht riskieren, unschuldige Athleten zu sanktionieren. Das wäre viel schlimmer, als wenn ein gedopter Sportler nicht erwischt wird und mitläuft", sagte er im Vorjahr in einem Interview. Das diesjährige Weltcupfinale in Tjumen ließ die IBU trotz Protesten und Boykottaufrufen diverser Mitgliedsverbände über die Bühne gehen. Leif Nordgren vom US-Team, forderte Athleten auf, sich "dem Boykott anzuschließen und sich gegen die korrupte Führung des Weltverbandes auszusprechen".

Ein Zusammenhang mit EU-weiten Razzien wegen möglicher Malversationen bei der Vergabe von Sportrechten dürfte, entgegen früheren Meldungen, nicht bestehen. (sid, APA, lü, 11.4. 2018)