Die Künstlerin Pauline Marcelle wohnt mit ihrer Familie in einer Mischung aus Alt und Modern in einer früheren Seidenfabrik in Wien-Neubau. Das meiste haben sie innerhalb von acht Monaten selbst gemacht.

"Unsere Wohnung ist in einer früheren Seidenfabrik im siebten Bezirk. Vor einigen Jahren wurde das Gebäude in ein Wohnhaus um- und der Dachboden ausgebaut. Als wir das erste Mal hier hereinkamen, saßen da, wo wir jetzt sitzen, noch die Tauben. Alle, die sich diese Wohnung vor uns angeschaut hatten, wollten sie angeblich nicht, weil die Terrasse nicht rechteckig geschnitten ist.

Die Künstlerin Pauline Marcelle mit ihrem Ehemann Michael Johann in ihrer loftähnlichen Wohnung in Wien-Neubau: "Wir wollen uns zu Hause safe fühlen."
Foto: Lisi Specht

Mein Mann Michi und ich haben aber gesagt: Wir mögen die Challenge. Das beflügelt unsere Sinne. Ganz allgemein suche ich nicht nach Dingen, sondern sie finden mich. Das war auch bei dieser Wohnung so. Zwischen dem ersten Lesen des Immobilieninserats und dem Wohnungskauf lagen drei Wochen.

Wir wollten eine offene, barrierefreie Wohnung. Viele Dachgeschoßwohnungen erstrecken sich über zwei Stockwerke. Wir denken aber ans Älterwerden, so vermeiden wir in der Zukunft Probleme.

Wir haben hier fast alles selbst gemacht, weil mein Mann Tischler ist. Wir haben fast jeden Tag gearbeitet – und uns nicht einmal gestritten. Nach acht Monaten waren wir fertig. Was Häusliches betrifft, ist unser Geschmack sehr ähnlich. Wir sind beide vom Sternzeichen Krebs und wollen uns in unseren vier Wänden safe fühlen. Der einzige Unterschied: Michi tendiert ein bisschen mehr zu dunklen Tönen, ich hab's gern ein bisschen heller.

Fotos: Lisi Specht

Viele unserer Möbel haben wir in unserer alten Wohnung im 14. Bezirk gelassen, wo jetzt eine meiner Töchter wohnt. Meine andere Tochter wohnt mit ihrem Baby hier bei uns.

Michi und ich haben hier vieles zusammen designt und gebaut, sogar die Couch, auf der ich abends immer einschlafe. Es gibt nur ganz wenige Möbel, die wir nicht selbst gemacht haben. Den stummen Diener haben wir zum Beispiel auf Ebay gefunden. Wir haben ihn auseinandergenommen und poliert und uns dabei wie kleine Kinder gefühlt. Unsere Bilder sind, mit wenigen Ausnahmen, alle von mir.

Die ganze Wohnung ist eine Mischung als Alt und Modern. Die Farben spielen eine große Rolle für uns. Es gibt viele Einflüsse aus der ganzen Welt. Ich liebe zum Beispiel meinen Stuhl aus Westafrika, den ich im Koffer heimtransportiert habe. Außerdem haben wir Masken und Statuen aus Afrika und eine Kommode aus Indien.

Fotos: Lisi Specht

Fertig sind wir noch immer nicht. Ich brauche noch meine Bücher, die derzeit in Kisten im Keller verstaut sind. Wir haben auch vor, im Wohnzimmer ein Objekt zu machen, um den Fernseher zu verdecken. Ich mag das Fernsehen nicht.

Wenn wir nachhause kommen, gehen wir als Erstes immer in die Küche. Ich koche sehr viel und genieße dabei den Ausblick über die Dächer Wiens. Bei der Planung der Küche war mir wichtig, dass man die Technik nicht gleich sieht, wenn man hereinkommt. Also haben wir sie ein bisschen versteckt. Michael findet es schön, so zu leben, wie er auch seine Kunden einrichtet.

Auch wenn man es heute nicht sieht: Ich bin eigentlich chaotisch. In der Nacht schaut es bei uns aus. Meine Töchter sind da genauso: Wir machen in der Früh sauber, und dann leben wir untertags einfach. Und am nächsten Tag müssen wir wieder zusammenräumen. Aber diese Wohnung ist sehr schnell aufgeräumt.

Ich wohne abwechselnd in Wien und in meinem Heimatland Dominica in der Karibik. Aber dort gibt es nach einem Hurrican seit drei Monaten keinen Strom, darum bin ich derzeit hauptsächlich in Wien. Ich stehe zwischen zwei Welten und fühle mich oft ein bisschen heimatlos. Aber langsam geht es mir damit besser.

Diese Wohnung und die Arbeit daran haben mir geholfen und mich abgelenkt. Wohnen, das ist für mich da, wo mein Herz sich wohlfühlt. Wo ich niemanden fragen muss. Wo ich tun kann, was ich will." (16.4.2018)