Wien – Die Bundesländer gehen auch beim Thema Familienbonus in Opposition zur Bundesregierung. Im Begutachtungsverfahren für die geplanten Steuerentlastungen fordern Länder und Gemeinden vom Bund einen Kostenersatz für die durch den Familienbonus zu erwartenden Einnahmenausfälle. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wird unter Verweis auf das Finanzausgleichsgesetz zu raschen Verhandlungen aufgefordert.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung plant ab 2019 die Einführung eines Familienbonus. Dabei handelt es sich konkret um einen Familienabsetzbetrag in der Höhe von maximal 1.500 Euro für jedes Kind unter 18 Jahren beziehungsweise 500 Euro für Kinder über 18 Jahre, wenn Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und das Kind in Österreich lebt. Für geringverdienende Alleinerzieher soll es einen Kindermehrbetrag von 250 Euro pro Kind geben.

Die Steuerentlastung soll laut Bundesregierung insgesamt 1,5 Milliarden Euro betragen. Die Bundesländer erwarten infolge der reduzierten Steuerlast geringere Einnahmen von knapp 162,9 Millionen Euro im Jahr 2019. Ab 2020 sollen es 258,5 Millionen Euro weniger sein, rechnen Tirol und Steiermark in ihren Stellungnahmen zum Einkommensteuergesetz vor, in dem der Familienbonus geregelt wird.

Ähnlich die Erwartungen bei den Gemeinden: Die geplanten Maßnahmen zum Familienbonus verursachen allein innerhalb der laufenden Finanzausgleichsperiode bis 2022 Einnahmenausfälle von rund einer halben Milliarde Euro, hält der Gemeindebund in seiner Stellungnahme fest. "Die ab 2020 in voller Höhe entstehenden jährlichen Mindereinnahmen an Ertragsanteilen (–136,35 Millionen Euro) übersteigen allein durch diese Maßnahme im Einkommensteuergesetz bereits zur Gänze die 2016 im Finanzausgleichspakt vereinbarten zusätzlichen Mittel für die Gemeindeebene zur Abgeltung der Ausgabenzuwächse im Bereich Gesundheit, Pflege und Soziales, die in der vergangenen Finanzausgleichsperiode entstanden sind", betont man im Gemeindebund.

Der schwarz dominierte Gemeindebund und die von schwarzen Landeshauptleuten regierten Länder Tirol, Vorarlberg, Steiermark und Niederösterreich haben zwar keine grundsätzlichen oder inhaltlichen Einwände gegen den Familienbonus, sie weisen den türkisen Finanzminister Löger aber auf die "massiven Einnahmenausfälle" und auf "erhebliche negative Auswirkungen auf das Steueraufkommen" der Länder hin. Für 16. Mai soll Löger denn auch bereits zu entsprechenden Verhandlungen eingeladen haben.

ÖGB sieht Verstoß gegen Kinderrechte

Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) beurteilt die Intention, Eltern steuerlich zu entlasten, grundsätzlich positiv, bringt aber im Begutachtungsverfahren eine ganze Reihe von Kritikpunkten vor. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf breche die Regierung etwa den familienpolitischen Grundsatz, dass jedes Kind gleich viel wert sei. "Dem Prinzip der Gleichbehandlung wird nicht Rechnung getragen, weil die Entlastung vom Einkommen abhängt, eine Negativsteuerwirkung ausdrücklich ausgeschlossen beziehungsweise eine adäquate Erhöhung entsprechender Sachleistungen nicht vorgesehen ist", heißt es seitens des ÖGB. Die Gewerkschaft ortet deshalb einen Verstoß gegen Artikel 1 des "Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte der Kinder".

Zugleich fordert der ÖGB in seiner Stellungnahme eine Erhöhung des Kindermehrbetrags für niedrige Einkommen sowie den Ausbau von Sachleistungen bei der Familienförderung. Statt Geld sollten vermehrt Gratiskindergärten mit längeren Öffnungszeiten und Nachmittagsbetreuung an Schulen angeboten werden. Durch den Steuerausfall bei den Gemeinden in der Höhe von 85,93 Millionen Euro im Jahr 2019 und dauerhaft 136,35 Millionen Euro befürchtet der ÖGB aber eher einen gegenteiligen Effekt, weil gerade Gemeinden Kindergärten als Sachleistungen anbieten.

Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaften kritisieren in ihrer Stellungnahme, dass beim Familienbonus Kinder aufgrund des Einkommens ihrer Eltern unterschiedlich behandelt werden. Dies widerspreche dem Diskriminierungsverbot in der UN-Kinderrechtskonvention. Die geplante Steuerentlastung sei grundsätzlich zu begrüßen, allerdings sollten auch wirklich alle erwerbstätigen Eltern davon profitieren, unabhängig davon, wo sich die Kinder dauerhaft aufhalten. (APA, 13.4.2018)