So unbeschwert hätte man in der Kreidezeit Jahren nicht an einem Spinosaurus vorbeigehen können.
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Lyon/Paris – Vor 100 Millionen Jahren wäre man nicht gerne im nördlichen Afrika unterwegs gewesen – oder höchstens in einem Mecha wie aus "Pacific Rim". Mehrere Fossilienlagerstätten wie etwa die berühmten Kem Kem Beds in Marokko scheinen darauf hinzuweisen, dass dort in der Kreidezeit ein wahres Übermaß an riesigen Fleischfressern herrschte: Spinosaurier lebten neben verschiedenen Theropoden aus der Verwandtschaft von Abelisaurus oder Carcharodontosaurus sowie gewaltigen Krokodilen – darunter auch Sarcosuchus imperator, das mit bis zu 12 Metern Länge vielleicht größte Krokodil aller Zeiten.

Lange Zeit rätselten Paläontologen, wie so viele Spitzenprädatoren nebeneinander existierten konnten – und was sie fraßen. Fossilien von Pflanzenfressern fanden sich dort nämlich nur in vergleichweise geringer Zahl, weit entfernt von dem Verhältnis, in dem die Überreste von Fleisch- und Pflanzenfressern normalerweise gefunden werden.

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Das Krokodil der Krokodile: Sarcosuchus.
Foto: REUTERS/David Gray

Vor zwei Jahren veröffentlichte ein Team britischer und italienischer Forscher eine Studie, die das Rätsel lösen könnte. Ihnen zufolge dürfte die Region in der Kreidezeit ein wechselhafter Lebensraum gewesen sein: Trockenperioden und Fluten lösten einander ab und schufen in stetem Wechsel Umweltbedingungen, mit denen mal die einen, mal die anderen Spezies besser zurechtkamen.

Die großen Räuber könnten dort also abwechselnd auf der Pirsch gewesen sein, möglicherweise sogar im Abstand von Millionen Jahren. Ihre Fossilien wurden jedoch übereinander abgelagert, was zum vermutlich verzerrten Eindruck eines Tummelplatzes der Raubsaurier führte.

Neue Studie

Unterstützung für die Vermutung, dass die Räuber-Konkurrenz doch nicht so schlimm war, könnte nun eine Studie liefern, die in den "Proceedings of the Royal Society of London B" veröffentlicht wurde. Analysiert wurden Fossilien sowohl aus den etwa 100 Millionen Jahre alten Kem Kem Beds als auch aus den 20 Millionen Jahre älteren Gadoufaoua-Ablagerungen in Niger, die ein vergleichbares Überangebot an Fleischfresser-Fossilien aufweisen.

Die Forscher versuchten die damaligen Nahrungsketten zu rekonstruieren, indem sie die Kalzium-Isotopen der Zähne verschiedener Fleischfresser analysierten. Kalzium wird von Wirbeltieren fast ausschließlich über die Nahrung aufgenommen. Das Isotopenverhältnis verrät, ob diese Nahrung von Land oder aus dem Wasser kam.

Untersuchte Zähne aus der Fundstätte Gadoufaoua. Sie stammen (von links nach rechts) von: Sarcosuchus imperator, einem Spinosaurier, einem anderen Theropoden (Abelisaurus oder Carcharodontus), einem Flugsaurier, einem pflanzenfressenden Hadrosaurier, einem Fisch und einem kleinen Krokodilverwandten.
Foto: Auguste Hassler / LGL-TPE / CNRS-ENS de Lyon-Lyon 1 University

Die Ergebnisse weisen auf eine schöne Aufteilung des Nahrungsangebots hin: Abelisaurus und Carcharodontosaurus machten Jagd auf landlebende Dinosaurier. Der gigantische Spinosaurus hingegen, der in "Jurassic Park" noch als direkter Konkurrent von T. rex dargestellt worden war, fraß Fische. Aktuelle Rekonstruktionen zeigen den Spinosaurus ohnehin kaum noch aufrecht stehend, sondern auf allen Vieren durchs Wasser watend oder sogar schwimmend. Das Riesenkrokodil Sarcosuchus schließlich hat laut Zahnanalyse auf gemischte Kost gesetzt und Beute mal im Wasser, mal an Land gemacht.

Ob die verschiedenen Spitzenprädatoren nun tatsächlich nebeneinander existierten oder in zeitlichem Abstand zueinander lebten, geht aus den Analysen nicht hervor. In jedem Fall aber, so die Forscher, hätten die fleischfressenden Riesen einander kaum Konkurrenz gemacht. (jdo, 15. 4. 2018)