Bussjäger, Jonas, Hämmerle (von links) warnen vor Kassen-Zentralismus.

Foto: Vorarlberger Ärztekammer

Dornbirn – Harsche Kritik an der geplanten Kassenreform kommt aus Vorarlberg. Aus Sicht von Ärzte-, Arbeiter- und Wirtschaftskammer käme es durch eine Zentralisierung der Gebietskrankenkassen zu einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung.

Föderalismusexperte Peter Bussjäger sah sich ein erstes ÖVP-Reformpapier im Auftrag der Kammer an und kommt zu dem Schluss: Eine zentralistische Ausrichtung der Krankenversicherung ohne Entscheidungskompetenzen der Geschäftsstellen in den Ländern würde negative Konsequenzen für Patientinnen und Patienten und medizinische Dienstleister verursachen. Die Verfügungsmacht über Vorarlberger Beiträge und Rücklagen der VGKK müsste in Vorarlberg bleiben, fordern die Kammern.

Diktat von Parteigünstlingen

Innovationen der Vorarlberger Gebietskrankenkasse wie die Vorsorgekoloskopie, Zahnprophylaxe in Kindergärten und Schulen oder das Job-Sharing von Kassenärztinnen und -ärzten gingen durch eine zentrale Kasse verloren, befürchtet Ärztekammer-Präsident Michael Jonas. Würde zentral über den Einsatz der Beiträge entschieden, hätte das negative Folgen auf den Leistungskatalog der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, aber auch auf die Versorgungssicherheit im Bundesland mit der höchsten Ärztedichte.

Arbeiterkammer-Vorarlberg-Präsident Hubert Hämmerle kritisiert das Reformpapier seiner Parteikollegen von der Volkspartei: 13 Millionen Euro würden jährlich aus Vorarlberg nach Wien fließen, um von dort aus schlecht wirtschaftende Krankenkassen zu sanieren. Die Patientinnen und Patienten blieben auf der Strecke, würden entmachtet, da nicht mehr die Vertretung der Versicherten entscheiden würde, sondern die zentrale Direktion. Hämmerle: "Dafür wird es künftig das Diktat eines Generaldirektors über alle Krankenversicherten geben. Die bewährte und Selbstverwaltung wird abgeschafft, um für Parteigünstlinge Platz zu machen."

Wallner soll kämpfen

Auf regionale Bedürfnisse könnte durch die zentrale Steuerung nicht mehr Rücksicht genommen werden, sagen die Kammervertreter. Konkret geht es um die Personalsituation in Vorarlberg. Medizinisches Personal könne nur gefunden und gehalten werden, wenn die Gehälter regional gestaltet werden können. Sonst käme es zu einer verstärkten Abwanderung in die benachbarte Schweiz.

Fiele die Möglichkeit des Vertragsabschlusses in den Ländern, wären hohe Selbstbehalte und hohe finanzielle Belastung die gravierendsten Folgen für die Versicherten, weil medizinische Dienstleistungen bei vertragslosen Zuständen von den Kranken vorfinanziert werden müssten.

Nun liege es an den Landeshauptleuten, der Bundesregierung die Position der Länder deutlich zu machen. In einem Positionspapier, gerichtet an Landeshauptmann Markus Wallner (VP), fordern die Kammern Wallner auf, bei den Verhandlungen mit dem Bund auf die Beitrags- und Vertragshoheit und der Selbstverwaltung zu pochen. (Jutta Berger, 13.4.2018)